Der vom Vinschger Wind umtoste Tartscher Bühel ist ein kahler, 1.077 Meter hoher Felsbuckel aus Glimmerschiefer bei Mals im Obervinschgau. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass der mystische Ort schon in vorrömischer Zeit bewohnt war. Von jeher kursieren abenteuerliche Legenden rund um ihn, darunter die Sage vom alten Pilgersmann, der in einer Winternacht um Quartier ansucht. Weil die kaltherzigen Bewohner ihn ablehnen, verflucht er sie. Seitdem soll die Siedlung in Südtirols Westen wie vom Erdboden verschluckt sein. Zusätzlich zu den Ausgrabungen rätischer Häuser gibt es dort das romanische Kirchlein St. Veit zu bestaunen – und ein archaisches Ritual: Mit dem so genannten Scheibenschlagen wünschen sich die Talbewohner alljährlich an jedem ersten Fastensonntag Fruchtbarkeit und Erntesegen herbei. www.vinschgau.net
Geschichte und Geschichten
Seit dem späten 19. Jahrhundert ist der Tartscher Bühel Forschungsobjekt der Archäologen und gilt seitdem als historisches Zentrum des Südtiroler Vinschgau. Besiedelt schon in Vorzeit und Antike, befand sich dort vermutlich ein zirka 1,3 Hektar großes Dorf, von dem heute allerdings fast nichts mehr zu sehen ist. Neben römischen Münzen, Schalensteinen und Eisenbeilen wurden ein 2.500 Jahre altes Hirschhorn mit rätischer Inschrift sowie die Reste eines Hauses aus dem 4. oder 3. Jahrhundert vor Christus ausgegraben. Unter dem Hügel befindet sich zudem eine 1939 bis 1942 errichtete, aber unvollendete Bunkeranlage aus dem 2. Weltkrieg, in der einst 200 Soldaten leben und arbeiten sollten. Mit zahlreichen Schlaf- und Betriebskavernen, Schießständen und endlosen Treppen durchzieht sie die gesamte Anhöhe. Mittlerweile sind die wenigen Eingänge von Gestrüpp überwuchert.
„Reim, Reim, wem soll dia Scheib’ sein?“
Am ersten Fastensonntag des Jahres (5. März 2017) werden am Tartscher Bühel im Vinschgau traditionell die „Scheiben geschlagen“. Bei Einbruch der Dunkelheit wandern alle Dorfbewohner zur „Hex“ – strohumwickelte Holzstangen in Form eines Kreuzes. Oben angekommen, halten sie Holzscheiben an langen Gerten in ein Feuer, bis sie glühen. Begleitet von gereimten Widmungen und einem Erntesegen für den kommenden Frühling werden die Scheiben dann mit einer speziellen Technik ins Tal geschleudert. Je weiter der Diskus fliegt, desto mehr Glück bringt er. Höhepunkt des Rituals ist die symbolische Verbrennung der „Hex“: Legt sich die Nacht übers Tal, zünden die Scheibenschläger sie an und schreien dabei aus voller Kehle. Mit dem Lärm sollen die Dämonen des Winters endgültig vertrieben werden.