Jährlich verzeichnen sie Tausende Besucher: Die Rede ist von bekannten Sehenswürdigkeiten und Relikten längst vergangener Zeiten. Oft ist Besuchern jedoch nicht bewusst, dass es sich dabei um Nachbauten handelt und die Bauwerke alles andere als original sind. Manche sind schlichtweg zu alt, zu kostbar oder zu empfindlich, um dem Besucherinteresse Stand zu halten. Andere hingegen existieren gar nicht mehr und mussten nachgebaut werden. Für mehr Durchblick im Sightseeing-Dschungel stellt das Buchungs- und Bewertungsportal HolidayCheck deshalb sieben Sehenswürdigkeiten vor, bei denen es sich lohnt, näher hinzusehen.
Zu kostbar: Tutanchamuns Grabstätte (Tal der Könige, Ägypten)
Nicht nur durch Blockbuster wie „Die Mumie“ erlangten die Gräber alter ägyptischer Pharaonen Weltruhm: Bereits während seiner Entdeckung und Ausgrabung zog das Grab des Pharaos Tutanchamun Zehntausende Besucher innerhalb weniger Monate in seinen Bann. Als Reaktion auf die wachsenden Besucherzahlen beschlossen die lokalen Behörden 1923 ein Projekt zur Konservierung und zur Lenkung der Besucherströme. Heute ist es Besuchern nur noch möglich, die Vorkammer des Grabes von Tutanchamun zu besichtigen. Alternativ können sie den Rätseln rund um den „Kindkönig“ in einer detailgetreuen Kopie auf den Grund gehen. Der Nachbau befindet sich am Eingang zum Tal der Könige und beherbergt neben originalgetreuen Wandmalereien auch eine lebensechte Nachbildung des
Sarkophags von Tutanchamun. Trotz Kopie ist der Wow-Faktor hoch.
Zu empfindlich: Chauvet-Höhle (Ardèche-Tal, Frankreich)
Über 400 Wandbilder mit 1.000 Tier- und Symboldarstellungen, gemalt vor über 30.000 Jahren: Die Chauvet-Höhle ist eine der facettenreichsten und am besten erhaltenen Relikte der Steinzeit. Aus diesem Grund wurde die Höhle bald nach ihrer Entdeckung zur beliebten Attraktion. Forscher sahen jedoch rasch die Nachteile, die der Besucherandrang mit sich brachte: Durch die Veränderung der Luftfeuchtigkeit waren die urzeitlichen Meisterwerke in Gefahr. Die Höhle wurde daraufhin für die Öffentlichkeit geschlossen, selbst Forscher dürfen nur noch in bestimmten Zeiträumen dort arbeiten. Da man die Malereien jedoch niemandem vorenthalten wollte, wurde, unweit des Originals, die größte Höhlennachbildung der Welt errichtet. Auf über 3.500 Quadratmetern können Interessierte die Kopien der Höhlenmalereien auf Felsrepliken bewundern. Diese wurden von verschiedenen Künstlern mit den gleichen Techniken und Materialien geschaffen, wie die Originale vor 30.000 Jahren.
Zu alt: Pfahlbauten in Unteruhldingen (Bodensee, Deutschland)
Wie die Menschen wohl vor rund 6.000 Jahren am Bodensee gelebt und gearbeitet haben? Das muss sich auch der damalige Bürgermeister von Unteruhldingen, Georg Sulger gefragt haben, als er 1921 seine Privatsammlung mit Funden aus steinzeitlichen Häusern eröffnete. Die regelmäßig angelegten Pfahlbauten faszinierten Besucher schon kurz nach ihrer Entdeckung. Diese sind jedoch schlichtweg zu alt, um dem hohen Besucherinteresse standzuhalten. Aus diesem Grund beschloss man, einzelne Häuser aus verschiedenen Epochen der Steinzeit originalgetreu nachzubauen. Bereits 1922 eröffnete in der Nähe des Fundorts von Überresten steinzeitlicher Häuser am Bodensee ein Freilichtmuseum mit Nachbauten. Dort können Besucher auch heute noch alles über das Leben in der Stein- und Bronzezeit erfahren. Die Archive des Museums beherbergen Dokumentationen der Ausgrabungen rund um Unteruhldingen sowie über 50.000 fotografische Dokumente und etwa 300.000 originale prähistorische Funde.
Zu politisch: Checkpoint Charlie (Berlin, Deutschland)
Jeder kennt die Schilder „Sie verlassen jetzt den amerikanischen Sektor“ in Westberlin. Besondere Berühmtheit erlangte der „Checkpoint Charlie“. Der ehemalige Grenzübergang in der Friedrichstraße verband den sowjetischen mit dem US-amerikanischen Sektor und durfte nur von alliierten Militär- und Botschaftsangehörigen, von Mitarbeitern der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR und von hohen DDR-Funktionären benutzt werden. Der Checkpoint Charlie war Schauplatz und Synonym
spektakulärer und tragischer Fluchten aus Ost-Berlin und ein Symbolbild für die Konfrontation zwischen Kommunismus und Kapitalismus in Zeiten des Kalten Krieges. Noch vor der deutschen Wiedervereinigung wurde ein Zeichen gesetzt und der originale Checkpoint in einer Gedenkfeier abgebaut. Ersetzt wurde die Erinnerung an den Kalten Krieg durch eine originalgetreue Nachbildung inklusive Kontrollbaracke, Warnschildern zur Sektorengrenze und Sandsäcken. Das Original kann jedoch immer noch im Berliner Alliierten Museum besichtigt werden – zieht jedoch weitaus weniger Besucher an, als die Nachbildung am Originalschauplatz.
Zu weit entfernt: Eiffelturm und Klein-Venedig (Las Vegas, USA)
Der Eiffelturm in Paris und die Lagunenstadt Venedig gehören zu den meistbesuchten touristischen Orten weltweit und sind nicht nur bei US-Amerikanern sehr beliebt. Egal, ob eine Gondelfahrt auf dem „Canale Grande“, ein Spaziergang über die Rialtobrücke oder ein Selfie vor dem Eiffelturm – man ist auf keinen Fall der einzige Urlauber, der diese Motive auf der To Do-Liste weit oben stehen hat. Etwas weniger
geschichtsträchtig, jedoch nicht weniger spektakulär geht es dagegen in der Glücksspiel-Metropole Las Vegas zu: Dort finden sich die beliebten Sehenswürdigkeiten beider europäischer Länder praktischerweise an einem Ort vereint. Inmitten von Las Vegas steht das „Venetian Resort Hotel Casino“, wo Urlauber einen Nachbau des Markusturms finden und sogar eine Gondelfahrt auf dem nachgebauten „Canale Grande“ unternehmen können. Nur wenige Schritte weiter haben Sightseeing-Fans die Möglichkeit, ein Selfie vor einer Kopie des Eiffelturms zu knipsen, ganz ohne das Flugzeug besteigen zu müssen.
Zu nah am Wasser erbaut: Der Tempel von Philae (Assuan, Ägypten)
Südlich von Assuan am Nil befindet sich eine Tempelanlage mit einer Fläche von über 500 Fußballfeldern. Die ältesten Belege zur Gründung der Tempelanlage stammen aus der Zeit von 360 vor Christus. Sie erzählen die blutige Geschichte der Eroberung der Region durch die Christen. War der Tempel zunächst ein Ort der Verehrung für die altgriechische Göttin der Geburt, Isis, wurde ein Teil des Tempels als christliche Kirche geweiht und altägyptische Reliefs zerstört. Der Zahn der Zeit konnte den Tempelanlagen nichts anhaben, dem Menschen aber mussten sie weichen. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Bauten mehrere
Monate im Jahr durch den Assuan-Staudamm unter Wasser gesetzt. Um die alten Schätze vor der endgültigen Zerstörung zu retten, wurden alle Bauten zersägt und 600 Meter weiter, auf der Insel „Agilkia“ originalgetreu wiederaufgebaut. Die Bauten von Philae, die heute einen neuen Standort haben, stehen seit 1979 trotz Umzugs auf der Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten.
Noch schnell – bevor es zu spät ist: Ötzi (Bozen, Südtirol)
Nur durch Zufall wurde er überhaupt entdeckt. Abseits der markierten Route am Tisenjoch in Südtirol ragten der Kopf und die Schultern einer menschlichen Leiche aus dem Eis. Zunächst hielten zwei Wanderer die Leiche für einen kürzlich verunglückten Bergsteiger und informierten die Polizei zur Bergung des Toten. Diese erfolgte bereits einen Tag später, ohne dass jemand ahnte, wie alt die Leiche tatsächlich ist. Erst Tage später stellen Wissenschaftler das Alter der Eis-Leiche, die eigentlich eine Eis-Mumie ist, fest: „Ötzi“, so wurde sie getauft, ist über 5.300 Jahre alt und somit die älteste Mumie, die je gefunden wurde. Seit über 20 Jahren wird nun an „Ötzi“ geforscht- und das geht nicht spurlos an dem Mann aus dem Eis vorbei. Jeden Tag verliert die Mumie vier bis sechs Gramm Wasser. Zudem ist sie seit ihrer Bergung Radikalen ausgesetzt, die ihr schaden. Derzeit wird an einem Verfahren geforscht, um ihren Verfall zu verhindern. Noch ist der Steinzeit-Jäger also für die Öffentlichkeit im Südtiroler Archäologiemuseum zugänglich – da heißt es schnell sein, bevor es zu spät ist. Am Ende bleibt Besuchern nach Verfall der Mumie eventuell auch hier nur eine Kopie.