Wie die Azoren einstmals entstanden sind? Man muss sich nur einmal den 2351 Meter hohen Berg Pico auf der gleichnamigen Insel anschauen: Der höchste Berg Portugals outet sich durch seine perfekte Kegelform auf den ersten Blick als Vulkan. Neben ihm sind es noch weitere 1765 Vulkane, die vor Jahrtausenden den Archipel weit draußen im Atlantik entstehen ließen. Grund dafür ist die besondere Lage in einer unruhigen Zone auf dem Mittelatlantischen Rücken. Hier stoßen tief im Erdinneren Europa und Afrika sowie Amerika aneinander. Es kam immer wieder zu Reibungen, die die ozeanische Kruste aufreißen und Magma emporsteigen ließen – nichts anderes als kleine und große Vulkanausbrüche unter Wasser. Im kalten Meerwasser kühlte das Magma ab und wurde fest. Dieser Vorgang wiederholte sich, sodass die unter Wasser entstandenen Magmaberge immer höher wurden, bis sie eines Tages über den Meeresspiegel reichten – und die Azoren geboren waren.
Alles Schnee von gestern? Nein – neun dieser Vulkane sind bis heute leicht aktiv, und welch immense Kraft sie nach wie vor freisetzen können, zeigte sich zuletzt am 1. Januar 1980, als die Stadt Angra do Heroísmo auf Terceira bei einem schweren Erdbeben in Schutt und Asche gelegt wurde. Den letzten neu entstandenen Vulkan kann man wiederum auf Faial besichtigen. Gerade einmal 60 Jahre ist es her, dass an der Südspitze der Insel der Capelinhos aus dem Meer stiegt und ein Dorf samt Leuchtturm unter Asche begrub – bis heute eine gespenstische, lavaschwarze Mondlandschaft, die im harten Kontrast zu der sonst so grünen Insel steht.
Seit März 2013 haben die Azoren den Status eines UNESCO-Geoparks. Mit über 120 geologischen Stätten, die sich über die neun Inseln und das sie umgebende Meeresgebiet verteilen, ist er weltweit einzigartig. Natürlich prägen die Vulkane die gesamte Landschaft – etwa in Form von Kraterseen, von denen die Caldeira das Sete Cidades auf São Miguel wegen ihrer unvergleichlichen Schönheit wohl zu Recht der berühmteste ist. Beim Erstarren der Lavaströme haben sich zudem an vielen Stellen Hohlräume und unterirdische Tunnelsysteme gebildet – heute ein wahres Paradies für Höhlenforscher aus aller Welt.
Längst haben die Azoreaner gelernt, mit der vulkanischen Aktivität unter ihren Füssen zu leben. Und sie nutzen die positiven Aspekte des brodelnden Untergrunds: Ein erheblicher Teil der Energie auf den Inseln wird aus Geothermie gewonnen, und da auch Sonnen und Windenergie genutzt werden, räumt die Region immer wieder internationale Nachhaltigkeitspreise ab. Davon abgesehen schwimmt es sich in warmen Thermalbädern sehr angenehm, und in Furnas auf São Miguel ist der Vulkanismus sogar für eine beliebte kulinarische Spezialität verantwortlich: Für das Gericht Cozido (Gekochtes) werden Fleisch, Würste, Gemüse und Kräuter zusammen in große Kochtöpfe geschichtet und diese – gut verschlossen – in Betonröhren versenkt, in denen die Eintöpfe dann einige Stunden lang durch die vulkanische Hitze gegart werden.