Lustwandeln durch die Jahrhunderte: Gartenkunst in Saale-Unstrut

Für seine Qualitätsweine und die Sakralarchitektur ist Saale-Unstrut bekannt. Doch das Kulturreiseziel zwischen Leipzig und Weimar birgt noch einen weiteren, kaum beachteten Schatz: historische Parks und Gärten. Das Netzwerk Gartenträume in Sachsen- Anhalt weist den Weg zu den schönsten und bedeutendsten Orten inspirierender Gartenkunst in der Region. Jetzt, im Sommer, zeigen sie sich in voller Blüte. Musik- und Lichterfeste füllen die Anlagen mit Klang und Leben. Sechs Tipps für das Lustwandeln in Saale-Unstrut.

Moritzburg Schlosspark ©Rene Weimer
Moritzburg Schlosspark ©Rene Weimer
Schlosspark Moritzburg Zeitz

Eine Aloe machte den Lustgarten des Zeitzer Hofes im Jahr 1687 berühmt. An drei Stängeln, die mehr als vier Meter hoch waren, wuchsen genau 3921 gelbe Blüten. Pflanzenfreunde aus halb Europa reisten an, um das Naturwunder und die barocke Parkanlage zu sehen.

Über 300 Jahre später stand der Garten erneut im Zentrum überregionalen Interesses. Die erste Landesgartenschau Sachsen-Anhalts im Jahr 2004 verhalf den historischen Anlagen rund um das Schloss Moritzburg zu neuer Blüte. Der Schlosspark Moritzburg Zeitz in seiner heutigen Form entstand.

Tausende besuchen die charmante Anlage mit ihren historischen Bauten wie der Orangerie und dem klassizistischen Badehaus, dem barocken Schloss und dem neu erschaffenen Lustgarten jährlich. Ein besonderes Kleinod ist der Japanische Garten. Sanfte Linien, dezente Farben, exotische Pflanzen, durch Zweige und Blätter fallendes Licht schaffen eine Atmosphäre der Sammlung.

Geschaffen wurde das 1200 Quadratmeter große Kunstwerk von vier japanischen Landschaftsgärtnern. Es ist die Frucht eines ganz besonderen Kulturaustausches zwischen Zeitz und der Stadt Tosu in Südjapan.

Veranstaltungstipp:  Am 12. August erklingt im Schlosspark Moritzburg Zeitz die „SommerSinfonie“ mit Werken von Bedřich Smetana, Edvard Grieg und Antonin Dvořák.

Schlossgarten Merseburg

Auch der Schlossgarten Merseburg, der sich heute in das turm- und giebelreiche Ensemble von Dom und Schloss einfügt, blickt auf eine lange Geschichte zurück. Im Jahr 1660 ließ Herzog Christian I. von Sachsen- Merseburg das Gelände des Königshofs teilweise zu einem barocken Lustgarten umgestalten. Der Bildhauer und Baumeister Michael Hoppenhaupt ergänzte 1737 den Schlossgartensalon als Pavillon für Gartenfeste.

Im 19. Jahrhundert wurden Teile der Anlage landschaftlich umgestaltet. Die Alleen blieben dabei erhalten. Eine grundlegende Neuordnung erfuhr der Park erst 1968, als die Längs- und Querachsen auf die Architektur ausgerichtet wurden.

Veranstaltungstipp: Im Juli und August lädt die Stadt zu den MerseburgerSchlossGrabenNächten mit Rock-, Pop- und Irish Folk Musik.

Schlosspark Ostrau

Einen der ersten englischen Gärten auf deutschem Boden findet sich in Ostrau, etwa zehn Kilometer nördlich von Halle. Die romantische Parkanlage um das Barockschloss mit Wassergräben, Teichen und Rundwegen sowie etwa 3000 Bäumen zeugt von der sich wandelnden Gartenkunst. Erst um 1710 als opulente barocke Gartenanlage mit Orangerien und Melonerien gestaltet, wurde sie bereits 50 Jahre später als antiquiert empfunden. Die geometrischen Formen, die Symmetrie und die üppige Ornamentik des vom französischen Absolutismus geprägten Barock erschien überholt. Eine Landschaft en miniature sollte entstehen, wie sie in englischen Adelssitzen in Mode kam.

Mit ihrem Projekt in Ostrau war die Familie von Veltheim ihrer Zeit voraus. Ihr Hausgärtner Daniel August Schwarzkopf reiste eigens für das Vorhaben nach England, um dort alles über die damals revolutionär naturnahe Gartenform in Erfahrung zu bringen. Nach seiner Rückkehr avancierte Schwarzkopf zu einem der angesehensten Landschaftsgärtner auf deutschem Gebiet.

Bis heute fasziniert die Anlage, die sich einen Hauch von britischer Noblesse bewahrt hat. Wie einst seine betuchten Eigentümer, flanieren heute an Wochenenden und Feiertagen Paare und Familien über das weitläufige Areal und genießen im Jagdzimmer oder im historischen Teepavillon Kaffee und Kuchen.

Veranstaltungstipp: Anfang September taucht die Lichter-Nacht den Park Ostrau in ein zauberhaftes Ambiente.

Schlosspark Dieskau

Etwa zwei Jahrzehnte nach Ostrau entstand auch in Dieskau, sieben Kilometer südwestlich von Halle, ein Park im englischen Stil. Es war ein Gemeinschaftsprojekt von Schlossherr Carl Christoph von Hoffmann und Johann George Schochs d. J., Hofgärtner in Wörlitz. Immer wieder ergaben sich reizvolle Sichtachsen; fernöstliche Schmuckbauten, Schmuckurnen und Obelisken überraschten die Besucher. Nach der Enteignung der Besitzer im Jahr 1945 durch die Kommunisten verfiel das Kunstwerk, Teiche und Kanäle verlandeten, Bauten verfielen, Sichtachsen wuchsen zu.

Seit etwa 20 Jahren arbeitet die Gemeinde Kabelsketal und ein Förderverein an der Wiederherstellung der Anlage. In einigen Teilbereichen erstrahlt sie bereits wieder in alter Schönheit. Das ursprünglich im Renaissance-Stil erbaute Schloss Dieskau und die Barockkirche St. Anna vervollständigen das Ensemble.

Barockgarten und Landschaftsgarten in Mücheln

Ein deutschlandweit seltenes Ensemble aus englischem Landschaftsgarten und terrassiertem Barockgarten findet sich am Wasserschloss St. Ulrich in Mücheln am Geiseltalsee. Spannend ist, dass hier beides zur gleichen Zeit entstand. 1720 ließ der damalige Schlossbesitzer Heinrich August von Breitenbauch, Abkömmling eines alten thüringischen Adelsgeschlechtes, die sehr unterschiedlichen Gärten parallel anlegen.

Als Umfriedung für den nach französischem Vorbild gestalteten Barockgarten wurde eine hohe und insgesamt einen Kilometer lange Kalksteinmauer errichtet. Auch die insgesamt 300 Meter langen Mauern der insgesamt drei Terrassen ließ Heinrich August aus Kalkbruchsteinen bauen. Die einst hier befindliche Schlossgärtnerei mit Palmenhaus und Gewächshäusern ist verloren gegangen. Ein im klassizistischen Stil errichtetes Teehaus im Zentrum des Gartens blieb jedoch erhalten und wird seit einigen Jahren wiederaufgebaut.

Im 19. Jahrhundert wurde das Ensemble um einen zehn Hektar großen Landschaftspark mit seltenen Gehölzen erweitert. Mit der Enteignung nach dem Zweiten Weltkrieg begann auch hier eine lange Ära der Verwahrlosung.

Seit den 1990er Jahren wird das reizvolle Ensemble, zu dem auch die im 18. Jahrhundert errichtete Schlosskirche zählt, schrittweise wiederhergestellt.

Domgarten Naumburg

Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen im Domgarten Naumburg. Die 2011 wiederhergestellte und teilweise neu gestaltete Anlage befindet sich zu Füßen eines der bedeutendsten Kulturdenkmale des Abendlandes. Der spätromanisch-frühgotische Naumburger Dom, der jetzt zum Weltkulturerbe ernannt wurde, ist der Besuchermagnet an der Straße der Romanik. Bekannt ist der beeindruckende Kathedralbau vor allem wegen der kunstvollen Stifterfiguren im Westchor, zu denen auch die „schönste Frau des Mittelalters“, Markgräfin Uta, zählt. Die Identität des Bildhauers ist in Vergessenheit geraten. So spricht man heute nur noch vom „Naumburger Meister“.

Der etwa ein Hektar große Domgarten mit zahlreichen Bäumen schließt sich im Südwesten an den Kirchenbau an. Alte Teichanlagen, Bastionen der mittelalterlichen Immunitätsmauer sowie die Gärten der ehemaligen Domherrenhäuser wurden in das Gestaltungskonzept einbezogen. Entstanden ist ein anregendes Gartenkunstwerk mit zahlreichen Einblicken in die Nutzung des Domgartens in unterschiedlichen Epochen.

Im zeitgenössisch gestalteten „Garten des Naumburger Meisters“ an der Außenseite des Westchors, wachsen genau jene Pflanzen, welche der Künstler als Vorbild für seine naturgetreu dargestellten filigranen Blattwerke im Dom nutzte. Auf der Ausstellungsterrasse finden Besucher Fotografien ausgewählter Bildwerke des Meisters und die entsprechenden Pflanzen in natura gegenübergestellt.

Informationen zu den sehenswertesten Parks und Gärten in Saale-Unstrut liefert der Tourismusverband Saale-Unstrut unter www.saale-unstrut-tourismus.de/parks-und-gaerten . Auch ein Gastgeberverzeichnis, thematische Reiseangebote sowie allgemeine Informationen zum Reiseziel Saale-Unstrut finden sich hier.

Das Netzwerk „Gartenträume – Historische Parks in Sachsen-Anhalt“ stellt unter  www.gartentraeume-sachsen-anhalt.de  50 herausragende Gartenkulturorte im gesamten Bundesland vor.