Die Antarktis ist mit circa 14.000.000 Quadratkilometern ein Kontinent der Extreme, eine raue und faszinierende Welt aus Eis und Schnee, wo im Gegensatz zur Arktis, nicht nur gigantische Eisschollen, sondern auch Landmassen unter dem Eis liegen. Die Antarktis gehört Pinguinen und sämtlichen 8.000 marinen Tierarten, die am Südpolarmeer leben, wie Robben, Wale, Delfine, Kalmare und Seevögel.
Für Menschen sind die Lebensbedingungen zu extrem und es gibt auch nur wenige Forschungsstationen.
Expeditionsreisen sind grundsätzlich nur im antarktischen Sommer, von etwa November bis Februar, möglich. Bei einer solchen Expeditionskreuzfahrt mit Ponant habe ich diese einzigartige Region erleben dürfen. Diese Reise führt von Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt, über die berüchtigte Drake-Passage zu einigen der spektakulärsten Orte der Antarktis, darunter die Melchior Islands, Orne Harbour, Wilhelmina Bay, Paradise Island, Flandres Bay, Dorian Bay, Deloncle Bay, Recess Cove, Livingstone Island und Deception Islands.
Abfahrt in Ushuaia
Die Reise beginnt in Ushuaia, der Hauptstadt von Feuerland in Argentinien an der südlichsten Spitze Südamerikas. Diese lebendige Hafenstadt ist der perfekte Ausgangspunkt für ein Antarktis-Abenteuer, nicht ohne Grund wird sie als „Ende der Welt“ bezeichnet.
Bevor es an Bord der luxuriösen Ponant-Yacht ging, blieb noch Zeit den Tierra del Fuego Nationalpark mit atemberaubenden Landschaften zu besuchen, ein erster Vorgeschmack auf die wilde Schönheit des Südens.
Überquerung der Drake-Passage
Nach dem Ablegen in Ushuaia beginnt die Überquerung der Drake-Passage, die berüchtigt ist für ihre stürmischen Gewässer. Doch uns war sie gnädig, und die zwei Tage auf See konnten genutzt werden, um die Annehmlichkeiten und Aktivitäten des Schiffs L´Austral der französischen Reederei Ponant zu genießen. Durch Vorträge von Experten über die Antarktis und ihre Tierwelt, wird die Vorfreude auf die bevorstehende Reise gesteigert.
Als Antartica, so wird die Antarktis auch genannt, in Sichtweite war, wurde es zum ersten Mal hektisch, eine Gruppe von Orcas tauchten vor Backbord auf und alle stürmten an Deck. Und auch die ersten Eisberge tauchten auf, teilweise riesige Tafeleisberge von mehreren Kilometern Länge, die wie verlassene Inseln vorbeitrieben.
Orne Harbour und Spigot Peak
Spigot Peak am Eingang zur Orne Harbour Bucht an der Westküste der Antarktischen Halbinsel ist das erste Ziel. Wir hatten Glück, strahlender Sonnenschein in Kombination mit völliger Windstille, in der Antarktis eine Seltenheit, empfing uns. Die umliegenden Berge, Gipfel und Gletscher spiegelten sich an manchen Stellen so perfekt in der komplett glatten Oberfläche des Meeres, dass man kaum mehr zwischen Original und Spiegelung unterscheiden konnte, ein wahres Winterwonderland. Dabei auch eine noch nie erlebte Stille.
Orne Harbour ist ein idealer Ort, um Pinguine zu beobachten, die hier in großen Kolonien brüten. Eine Wanderung auf einen Gipfel wie Spigot Peak, bietet atemberaubende Ausblicke auf die umliegenden Berge, Gletscher und das Meer. Als Mensch fühlt man sich in dieser Welt aus Eis wie ein Fremdkörper.
Bei unserer ersten Anlandung, nach einer recht kurzen Zodiacfahrt, helfen uns an dem steinigen Strand zwei Leute des Expertenteam aus dem Boot. Und Schwups, steht man im Wasser. Doch bleibt man Dank der von Ponant zur Verfügung gestellten Thermo-Gummistiefel trocken.
Das Expertenteam bereitet immer alles vor, von der Suche des besten Platzes zum Anlanden, der Markierung der möglichen Wege, und vor allen Dingen achten sie auf die Einhaltung der Regeln für den Kontakt mit Tieren. So ist ein Sicherheitsabstand von 5 Metern oder mehr einzuhalten, je nachdem, ob die Tiere gerade brüten oder sich in einer Kolonie aufhalten.
Dann geht es auf einem schmalen, vom Team vorher leicht festgetretenen Pfad, im gleichmäßigen Zickzack hinauf. Bei fast jeder Kehre muss man einfach stehenbleiben, um die Aussicht zu genießen, Fotos zu machen und den Augenblick somit für immer festhalten. Der Blick über die malerische Bucht von Orne Harbour ist zwar immer wieder mehr oder weniger der gleiche, aber sattsehen kann man sich an diesem überirdisch schönen Panorama trotzdem kein bisschen.
Oben angekommen sind überall Brutstätten von Pinguinen auf nacktem Felsgestein, denn nur die Spitzen der Berge sind ohne Schnee und Eis, und daher als Brutstätten geeignet. Skuas, eine Raubmöwenart, lauern in der Nähe, einer hat sich sogar ohne Skrupel direkt hinter der Kolonie platziert, darauf wartend, dass die Pinguine abgelenkt werden. Jetzt dürfen die Pinguine keinen Fehler machen, denn Eier und Pinguinküken zählen zu deren Lieblingsbeute.
Malerisch auch der Blick, wie unser Schiff, die L´Austral, inmitten dieser gigantischen, eisigen Landschaft in der Bucht treibend auf unsere Rückkehr wartet.
Am Nachmittag geht es zu einer Zodiac- oder alternativ einer Kajak-Tour durch einen Traum aus Schnee und Eis in Blau und Weiß. Geschickt weichen die Bootsführer den gefährlich kantigen Eisschollen aus, die überall im tiefblauen Wasser treiben, während wir die hochaufragenden Berge um uns herum bewundern und Ausschau nach Orcas, Seeleoparden, Robben Pinguinen und Buckelwalen halten.
Die Zodiac-Touren vormittags und nachmittags waren auch die nächsten Tage immer die absoluten Highlights, mal mit Anlandung und mal nur ein Cruisen durch die Buchten.
Spektakuläre Landschaften, beeindruckenden Eisberge, ruhige Buchten, ein ständig neues Panorama begeistert immer wieder neu. Überall gibt es Robben, Pinguine, Meeresvögel und Seeleoparden, welche meist faul auf Eisschollen herumliegen und sich durch uns Menschen in den Booten nicht beeinflussen lassen. Buckelwale tauchen unversehens ganz in der Nähe der Boote auf, bevor sie wieder in die Tiefe hinabtauchen.
Schneebedeckten Berge, tiefblauen Fjorde und beeindruckende glitzernde Eisberge schaffen eine Szenerie von unbeschreiblicher Schönheit, ob in der Wilhelmina Bay, der wirklich paradiesischen Paradise Island Bucht, welche ihrem Namen alle Ehre macht, und in deren Nähe auch die argentinische Forschungsstation Brown Station liegt.
In Flandres Bay sehen wir majestätische Gletscher kalben, welche dann in Richtung offenes Meer treiben.
Ein weiterer faszinierender Stopp ist Dorian Bay, eine kleine Bucht an der Westküste der Wiencke-Insel, ist. Die Bucht ist bekannt für ihre zwei historischen kleinen Hütten, einer Forschungsstation der Briten und eine Rescue-Hütte der Argentinier für Notfälle. Hier erfährt man mehr über die Geschichte der menschlichen Erforschung der Antarktis und gleichzeitig ist man von einer beeindruckenden Naturkulisse umgeben. Die vielen dortigen Pinguin-Kolonien sind verbunden durch sogenannte Pinguin-Highways, wo Pinguine selbstverständlich beim schnellen Entlangtrippeln immer die Vorfahrt haben.
In den geschützten Buchten Deloncle Bay und Recess Cove ist das Gefühl von Abgeschiedenheit und Unberührtheit besonders zu spüren. Die Stille und die majestätischen Eisformationen schaffen eine fast surreale Atmosphäre, die Besucher in ihren Bann zieht. Das klare Wasser ermöglicht atemberaubende Unterwasseransichten und einen damit erahnen, wieviel größer die Eisberge und -schollen unter Wasser sind.
Deception Islands
Bevor es über die Drake-Passage zurückgeht, ist der letzte Stopp der Reise Deception Island, ein aktiver Vulkan und einer der ungewöhnlichsten Orte der Antarktis. Die Insel bildet eine natürliche Hafenbucht, Telefon Bay, benannt nach einem französischen Expeditionsschiff. Am Strand, wo auch einige ausgeblichene angeschwemmte Walknochen herumliegen, gibt es viele große Pinguinkolonien. Seeelefanten liegen faul herum oder kämpfen miteinander. Auch die ebenfalls faul herumliegenden Wedell-Robben und Seeleoparden lassen sich von uns Besuchern nicht beeindrucken.
Das Expeditionsteam hat unter anderem ein Rundweg um einen kleinen Kratersee gekennzeichnet, dessen Wasser im hellen Licht der antarktischen Sonne in einem fast schon unwirklichen Türkisgrün leuchtet, malerisch umrahmt von den schneebedeckten Gipfeln der umliegenden Berge und dem tiefblauen Meer. Von hier oben am Rande eines Vulkankraters gleicht die gesamte Landschaft dieser Insel, die unberührt vom Rest der Welt mitten im ewigen Eis der Antarktis schlummert, einem einzigen kunstvollen Gemälde. Absolute Stille umgibt einen hier und ich spüre, wie ich innerlich ganz ruhig werde.
Rückkehr nach Ushuaia
Nach dem Besuch der Deception Islands geht es zurück über die Drake-Passage nach Ushuaia, diesmal auch vorbei an dem berüchtigten Kap Horn, das leider im Nebel lag.
Die Rückfahrt bietet Zeit, die vielen Eindrücke und Erlebnisse Revue passieren zu lassen und sich von der atemberaubenden Schönheit der Antarktis zu verabschieden. Die faszinierenden Landschaften mit ihren ruhigen Buchten und majestätischen Gletschern, die beeindruckende Tierwelt und die mystische Atmosphäre dieses unberührten Kontinents machen diese Reise mit Ponant zu einem einmaligen Erlebnis mit vielen unvergesslichen Momenten. Und es wird einem wieder bewusst, wie klein eigentlich der Mensch ist. Und kaum eine Region auf der Welt ist so fragil und gleichzeitig so wichtig für die Welt ist, wie wir sie kennen, wie die Antarktis.
Text und Bilder: ©Detlef Düring