Im Norden Skandinaviens liegt die Region Kvarken, eine Region voller Kontraste, die die unterschiedlichen Schönheiten zweier Länder vereint und gemeinsam in die UNESCO Weltkulturerbe- Liste aufgenommen wurde.
Seit der Eiszeit durch den Bottnische Meerbusen geteilt, bilden die flache Inselwelt der finnischen Schären auf der einen, und die Klippen der Hohen Küste Schwedens, genannt Höga Kusten, auf der anderen Seite, das gemeinsame Kvarken Archipel. Und dank einer schnellen und umweltfreundlichen Fährverbindung der Wasaline sind sie gut miteinander verbunden.
Die elektrisch angetriebene Aurora Botnia ist eines der umweltfreundlichsten Fährschiffe der Welt und verbindet mehrmals täglich das ganze Jahr hindurch die beiden Städte Vaasa in Finnland und Umeå in Schweden, welche die jeweiligen Ausgangspunkte für die Erkundung von Kvarken sind.
Vaasa in Finnland und Umeå in Schweden sind beides boomende Städte, die geprägt durch Kultur und Universitäten voller junger Leute sind. Vaasa gilt als Finnlands innovativster Region, insbesondere im Bereich der alternativen Energietechnologie, und Umeå ist inzwischen die größte Metropole Nordschwedens, wo fast jeder zehnte Einwohner Student ist. Umea, auch als Tor zu Schwedisch Lappland genannt war 2014 Europas Kulturhauptstadt und unter den vielen Museen ist besonders das Gitarrenmuseum zu empfehlen. Hier werden die mit viel Leidenschaft von den Zwillingsbrüdern Samuel und Michael Åhdén über gesammelten 500 Gitarren und Devotionalien von internationalen Rockstars ausgestellt.
Das Stora-Hotel ist ein Boutique-Hotel mit extravaganten Themen-Zimmern, ein Erlebnis für sich.
Beide Städte haben ihren ganz unterschiedlichen Charme. Doch gemeinsam ist ihnen die Lage inmitten der nordischen Natur mit ihren Wäldern, Flüssen und der Inselwelt des Schärengartens.
Die finnische Seite Kvarkens ist nicht so bergig wie die schwedische, sondern eher leicht hügelig, und zwar auch mit viel Wald, aber auch weiten Feldern. Überall sind kleine Ortschaften oder einzelne Gehöfte zu sehen. Und am Wochenende sind die Finnen meistens in ihren Sommerhäuschen, liebevoll Mökki genannt. Von diesen über 50.000 in ganz Finnland verteilten Mökkis, liegen die meisten an der Küste und auch einsam und abgelegen, um ungestört die Natur genießen zu können. Natürlich gehört gutes Essen dazu, oft auch selbst geangelter Fisch, gejagter Elch oder frisch gesammelte Waldfrüchte.
Natürlich hat auch jedes Mökki eine Sauna und nichts ist schöner, als nach einem Saunagang sich ungestört im Meer oder See abkühlen zu können.
In der Sauna werden übrigens so manche Ideen geboren. So entstammt auch die preisgekrönte finnische Brennerei „Kyrö Distillery“ einer Idee der Gründer in der Sauna, aus dem vielen Roggenbrot,was man so isst, auch einen Roggen-Whisky zu machen. Doch da ein Whisky viele Jahre gelagert werden muss, ist man dann eher auf Gin gekommen, um schneller zum Genuss zu kommen. Daraus ist inzwischen die weltweit bekannte „Kyrö Distillery“ entstanden.
Auf der finnischen Kvarken-Seite gibt es neben der Natur auch viele idyllische Orte und kleine Städte, wie Kristinestad, ein historisches Küstenstädtchen mit malerischen Holzhäusern, oft noch mit schmucken Schnitzereien versehen. Sehenswert auch eine alte Holzkirche aus dem Jahr 1700 mit einem schiefen Kirchturm oder die alte Windmühle, von deren Hügel man auch eine schöne Aussicht hat. Dieser liebevoll erhaltene und restaurierte Stadtkern lässt heute noch vieles von dem Leben dieser alten Handels- und Hafenstadt erahnen.
Dazu passt auch die Übernachtung im Hotel Krepelin, ein um 1812 errichtetes ehemaliges Handelshaus, das mit viel Liebe zum Detail zu einem kleinen Hotel umgebaut wurde. Jedes Zimmer oder Apartment unterscheidet sich und viele historische Details wurden erhalten, trotz des modernen Komfort, der dort geboten wird.
Kokkola
Eine malerische Altstadt mit Holzhäusern hat auch Kokkola. Nur ist Kokkola mit fast 50.000 Einwohnern viel größer und bietet auch außerhalb des historischen Altstadtviertels Neristan mit seinen Holzhäuschen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, in denen charmante Cafés und Läden versteckt sind, ein eher modernes urbanes Lebensgefühl. So sind hier an den Wochenenden in der Nacht die Straßen voller Leben.
Ein zeitlicher Tipp für den Besuch von Kokkola ist das letzte Wochenende im August, wenn mit den Venezianischen Nächte das Ende des Sommers gefeiert wird. Fackeln und Kerzen erleuchten dann die Wege und Kanäle in den Parks, überall sitzen die Leute gesellig beisammen und warten auf das große Feuerwerk zum Abschluss.
Seinäjoki – Architektur-Gesamtkunstwerk
Eine ganz andere sehenswerte Stadt ist Seinäjoki im finnischen Binnenland. Seinäjoki´s Sehenswürdigkeiten sind keine alten Holzhäuser, sondern die eher moderne Architektur aus den Fünfzigerjahren des berühmten Architekten und Designers Alvar Aalto. Dieser hat das ganze Stadtzentrum geplant, wie auch viele Gebäude, von der modernen Bibliothek bis zur Kirche. Eigentlich ist das Stadtzentrum schon fast ein Gesamtkunstwerk Aalto´s.
So ist es kein Wunder, das an die 500.000 Besucher aus allerWelt jährlich Seinäjoki besuchen. Die meisten natürlich architektur- und design-begeistert, aber auch viele Tango-Fans. Man mag es kaum glauben, aber hier im hohen Norden findet jährlich eines der größten Tango-Festivals mit fast 100.000 Besuchern statt, wo überall auf den Straßen bei sommerlichen Temperaturen Tango getanzt wird.
Saltkaret – Aussichtsturm im Kvarken Schärengarten
Bevor es mit der Fähre von Vaasa zur schwedischen Seite Kvarkens geht, lohnt auf jeden Fall noch ein Abstecher zum 20 Meter hohen Saltkaret-Aussichtsturm bei Svedjehamn in den Schären nördlich von Vaasa. Von hier aus hat man einen besonders schönen Ausblick auf die Schären und mit Bootstouren oder auch Kajaks kann man auch selber durch die Schärenwelt schippern. Auch wird hier auf Info-Tafeln erklärt, wie diese Inselwelt der Schären in der Eiszeit entstanden ist, was bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Noch immer erhebt sich das Land hier um circa einen Zentimeter pro Jahr in die Höhe und neue Inseln entstehen.
Die wahre Wildnis
Ganz anders ist die Natur und Landschaft auf der schwedischen Seite des Kvarken-Archipels, Västerbotten oder auch Schwedisch-Lappland genannt.
Von Umeå aus in Richtung Westen geht es durch ausgedehnte Waldgebiete und vorbei an tiefblauen Seen. Hier lässt es sich in traumhafter Natur bestens Wandern, Radfahren oder Angeln.
In Granö gibt es tolle Baumhäuser zum Übernachten mit einer tollen Aussicht über die Baumwipfel und einen See, wie in der Nacht auf ein nächtliches Sternenmeer. Auch kann man hier, wenn es nicht allzu warm ist, selbst außerhalb der Wintermonate, in den frühen Morgenstunden mit dem Hundeschlitten (auf Rädern) durch die Wälder fahren, ein wirklich beeindruckendes Erlebnis.
Weiter westlich bei Lycksele liegt Gammaplatsen, ein wichtiger Ort für die Samen, ein indigenes Volk, welches in Schweden, Norwegen, Finnland und Russland lebt. Sie versuchen auch heute noch möglichst im Einklang mit der Natur zu leben und haben ein eigenes Parlament, das Sametinget. In Gammaplatsen trifft sich nicht nur das Sametinget, sondern es gibt auch ein eigenes Museum, wie auch ein Freilichtmuseum, wo das Leben der Samen anschaulich erlebt werden kann. In einigen historischen Häusern kann man sogar im historischen Umfeld übernachten.
Nämforsen – Felszeichnungen am Wasserfall
Zurück in Richtung Küste kommt man an Nämforsen vorbei, eine der mit über 2.600 Felszeichnungen größten Felszeichnungsfundstätten Europas.
Am Fluss Ångermanälven, der einst in eine Meeresbucht mündete, hinterließen Jäger der Steinzeit ihre Felszeichnungen. Heute, nach sechstausend Jahren Landhebung liegen die Felszeichnungen der Nämforsen Wasserfälle nicht mehr am Meer, sondern 60 Kilometer von der Küste entfernt im Binnenland und etwa 70 Meter höher als damals. Besucher erleben am Nämforsen einen uralten Kultplatz, der zugleich belegt, wie die Urkraft der Natur die Landschaft der Region seit Jahrtausenden formt. Die Felszeichnungen sind in der Natur zu bestaunen, aber es gibt auch ein Museum mit der Aussicht auf die Nämforsen Wasserfälle, wo vieles zu der Geschichte und Bedeutung zu erfahren ist.
Höga Kusten
Nämforsen gehört bereits zur Region der Höga Kusten, die auch zum UNESCO-Welterbe des Kvarken-Archipels gehört. Hier zeigt sich die Natur einfach atemberaubend und unglaublich abwechslungsreich, offenes Meer, tiefe Wälder und Berge, die den Namen auch verdienen.
Zu Fuss die Natur erkunden
Hier muss man einfach die Wanderstiefel anziehen. Besonders beeindrucken ist eine Wanderung im Skuleskogen Nationalpark. Dichte Wälder, alte Bäume, Steinhalden und Felsklüfte liegen am Wegesrand. Eine sagenhafte Aus- und Weitsicht über die Küste hat man vom ebenfalls im Skuleskogen Nationalpark liegenden Skuleberget, dem mit 268 Metern höchsten Berg der schwedischen Höga Kusten.
Am Fuß des Bergs liegt das Besuchszentrum „Höga Kusten World Heritage Center“ mit Ausstellungen zur Entstehungsgeschichte und zum Unesco Welterbe „HögaKusten/Kvarken Schären“.
Wenn man genügend Zeit hat, ist es auch ein Erlebnis mit einem Boots-Taxi, wie Höga Kusten Turer (www.hogakustenturer.se), durch die Inselwelt vor der Höga Kusten zu kreuzen und auch die eine oder andere Insel zu besuchen, wie z.B. Mjältön.
Auf Mjältön gibt es auch ein kleines, aber sehr feines Boutique-Hotel, das Ulvö-Hotel. Hier konnte ich auch eine schwedische Spezialität kennenlernen und verkosten.
Am schwedischen „Surströmming“ oder „Stinkefisch“, wie man in unseren Breitengraden gern sagt, scheiden sich die Geister. Entweder mag man ihn oder verabscheut ihn. Diesen fermentierten Hering aus den legendären Konservendosen isst man am besten auf einem leckeren „Tunnbröd“, wie dem Fladenbrot, dazu etwas saure Sahne, rote Zwiebeln, würzigen Västerbotten-Käse und Mandelkartoffeln. Fein dosiert ist Surströmming durchaus ein interessantes Geschmackserlebnis, ein Dufterlebnis keinesfalls.
Die Zeit, die ich in Kvarken verbringen durfte, ging viel zu schnell vorbei und ich habe nur einen kleinen Einblick in die Vielfalt der finnischen und schwedischen Küstenregion bekommen.
Imposante Küsten, malerische Schären, verträumte Inseln und atemberaubende Kulturgüter sind Gründe genug, einen längeren Urlaub in dieser unfassbar schönen Region, die zwei Länder umfasst, zu verbringen. Mein Wunsch ist, bald mit mehr Zeit zurückzukehren zu können und noch mehr über diese vereinte Weltkulturerbe zweier Länder erfahren und erleben zu dürfen.
Mehr Informationen auf www.kvarkendestinations.com und eine deutschsprachige Broschüre gibt es unter https://kvarkendestinations.com/wp-content/uploads/Kvarken.pdf