Mit dem Motto „Incredible India“ (Unglaubliches Indien) wirbt Indiens Tourismusindustrie und wahrhaftig ist eine Reise nach Indien immer eine unvergessliche Reise in ein sonderbares Land der Götter und Mythen, der Gewürze und Gerüche, der Schlangenbeschwörer, der heiligen Kühe, aber auch ein Land extremer Eindrücke und auch Gegensätze. Nirgendwo auf der Welt sind meiner Meinung nach Reichtum und Armut extremer sichtbar als in Indien. Dort leben die Menschen am Straßenrand in Zelten oder Holzverschlägen, oder schlafen gar auf dem Mittelstreifen einer Straße, und nur etwas weiter findet man prunkvolle Villen, Paläste, wie auch pompöse Einkaufzentren mit allen Luxusmarken, die selbst uns Europäer noch staunen lassen. Und doch sind die Ärmsten der Armen stolz und hoffen darauf im nächsten Leben selber zu den Reichen zu gehören, daher würde auch auf den Straßen Delhis eine Luxuskarosse nie aus Neid zerkratzt werden, wie teilweise bei uns in manchen Städten, denn im nächsten Leben könnte es einen ja selber treffen.
Schon auf der Fahrt vom Flughafen ins Hotel stürzen all diese intensiven und extremen Eindrücke auf den Reisenden ein, wenn er bequem in einer Limousine durch den chaotischen Verkehr Delhis chauffiert wird, vorbei an den Slums und den Villenvierteln. Schon dieser Verkehr mit seiner Unmenge an Fahrrädern, Mopeds, Autos und LKWs und vor allen Dingen den für Asien typischen Tuk-Tuks ist für uns Europäer einfach „incredible“. Die meisten Fahrzeuge sind total überfüllt oder überladen und viele dürften auf europäischen Straßen gar nicht mehr fahren, aber das ist Indien pur. Viele PKWs haben gar keinen Seitenspiegel mehr, so ist das Fahrzeug nicht nur schmaler, sondern ein Blick zurück kann bei der indischen Fahrweise manchmal eher verunsichern. Wie sagen die Inder so schön „zum Autofahren benötigt man dreierlei: eine gute und laute Hupe, eine gute Bremse und vor allen Dingen viel, viel Glück.“
Umso mehr bin ich überrascht von der ruhigen Atmosphäre, als ich bei meinem Hotel „The Claridges-New-Delhi“ vorfahre und symbolisch durch Umhängen einer frischen Blumenkette in Indien und Delhi willkommen geheißen werde. Dieses Hotel inmitten dem von dem britischen Architekten Sir Edwin Lutyens entworfenen zentralen Viertel der Hauptstadt, wo Botschaften und Geschäfte heutzutage zuhause sind, kombiniert historisches stilvolles Ambiente mit dem Charme indischer Herzlichkeit, aber auch modernstem Komfort. Kurzum kann man sagen „The Claridges“ beschwört die Magie vergangener Zeiten herauf und veredelt sie dabei elegant mit den Annehmlichkeiten zeitgemäßer Hotellerie. Auch beim Essen kann man sich im Dhaba, das einer typischen indischen „Raststätte“ nachempfunden ist, mit indischen Spezialitäten verwöhnen lassen. Wem das indische Essen nicht so behagt, hat die Wahl zwischen mediterraner, asiatischer oder internationaler New-Age-Cuisine in einem der anderen erstklassigen Hotelrestaurants.
Nach einem erholsamen Schlaf fällt es mir leichter mich auf Indien einzustellen. Unzählige Sehenswürdigkeiten warten auf mich und ich möchte endlich Indien authentisch erleben und lieben lernen. Man kann sicherlich nicht alle wichtigen Sehenswürdigkeiten dieser Millionenmetropole in wenigen Tagen anschauen und vor allen Dingen ist es wichtig, sich Zeit zu nehmen und sich von dem Indischen Leben treiben und faszinieren zu lassen, indem man sich in den pulsierenden Trubel hineinbegibt. Am besten mietet man sich ein Auto mit Fahrer, was recht günstig ist. Oft kann der Fahrer gleich auch als Reiseleiter fungieren, wobei ein zusätzlicher Reiseleiter sicherlich besser ist, da der Fahrer oft beim Auto bleiben muss, wegen mangelnder Parkmöglichkeiten.
In Delhi wohnen heute über 14 Millionen Menschen. Damit ist Delhi die zweitgrößte Stadt Indiens nach Mumbai, früher Bombay genannt. Delhi hat zwei sehr gegensätzliche Gesichter: Alt Delhi mit engen Gassen, sehr belebten Marktplätzen und das moderne großzügig angelegte Neu Delhi mit breiten Straßen und das von Gebäuden aus der britischen Kolonialzeit geprägt ist, da es 1911 von den Briten angelegt wurde, als diese die Hauptstadt ihres Weltreiches in Indien hierhin verlegten.
Bei den meisten Sehenswürdigkeiten in Indien müssen Ausländer etwa das Zehnfache des Preises zahlen, den Einheimische zu zahlen haben. Angesichts der niedrigen Einkommensverhältnisse für weite Teile der Bevölkerung finde ich das auch völlig in Ordnung, solange die Einnahmen dem Erhalt der Gebäude dienen und auch wirklich jeder Inder so Zugang zu seinem Kulturgut hat. Bei der Planung der Besichtigungstour sollte man sich vorher genau nach Öffnungszeiten und vor allen Dingen nach eventuellen Ruhetagen erkundigen, damit es Ihnen nicht so ergeht wie mir, der das Rote Fort in Delhi nur ganz kurz im Vorbeifahren bewundern konnte. Leider hatte es an diesem Tag geschlossen und ich musste mich mit dem Schießen einiger Fotos durch die Gitter seines Eingangstor „Lahore Gate“ begnügen.
Das Rote Fort liegt nahe des Flusses Yamuna und ist eine aus rotem Sandstein errichtete Palastanlage, die zugleich Festung des Mogulkaisers Shahjahan, der es zwischen 1639 und 1648 erbaute. Die Fortmauer ist 2,5 km lang. In dem zum UNESCO-Weltkulturerbe erhobenen Fort befinden sich mehrere Paläste und Gebäude innerhalb des Areals. Das Militär beansprucht noch immer einen großen Teil der Fläche, aber die schönsten Gebäude sind zu besichtigen.
Direkt beim Roten Fort beginnt auch das noch übrig gebliebene Alt-Delhi , das am besten mit einer Rikscha zu erkunden ist. Los geht die Fahrt mit dem abenteuerlichen Gefährt erst über eine breite Straße, der Chandni Chowk, wo uns Tuktuks, Mopeds und Autos bedrohlich nahe kommen. Chandni Chowk war einst als größtes Handelszentrum des Orients bekannt. Viel ist nicht mehr übrig vom Glanz vergangener Tage und doch ist hier eine unvergleichliche Atmosphäre von bunter Lebendigkeit und morbidem Verfall. Dann biegen wir in enge und überfüllte Gässchen ab und tauchen quasi in eine andere Welt. ein. Durch die Enge der Gässchen fällt nur ein wenig dämmriges Licht von oben ein und das ist auch noch durch ein unglaubliches Gewirr an Kabeln gedämpft. Hin und wieder sieht man etwas rot aufleuchten. Dabei handelt es sich allerdings nicht um Reklame, sondern um die blanken Hinterteile der Affen, die auf den abenteuerlichen Elektroinstallationen herumturnen.
Unten auf der Straße schmiegt sich ein winziges, exotisches Geschäft an das nächste. Räucherwerk wird feilgeboten, daneben Quasten, Fransen und glitzernde Bordüren. Schmuck, Hygieneartikel, Saris, Lotterietickets, alles kann man hier erwerben. Vor den Geschäften wird Obst und Gemüse am Boden oder auf Karren angeboten. Tempel in kleinen Innenhöfen und Gebetsecken sind überall zu entdecken. Überall liegt der Duft von Weihrauch und Sandelholz in der Luft. Je näher wir dem Ende unserer kleinen Tour kommen, desto gesprächiger wird mein Rikschafahrer. „Very hot, very hard, very poor, very nice” – was ihm nicht alles an englischen Vokabeln einfällt, um meine Anteilnahme und damit sein Bakschisch zu vergrößern. Doch das ist ihm auf jeden Fall sicher, denn ich bemitleide ihn schon sehr, wie er mich barfuß auf seinem altersschwachen Fahrrad durch die überfüllten Gassen radelt.
Der Rikschafahrer lässt mich an der Freitagsmoschee aussteigen, der größten Moschee Indiens, die über 25.000 Gläubigen Platz bietet. Gegen ein kleines Entgelt kann man Tücher ausleihen, um die nackten Beine zu bedecken, falls die Frauen mit einem Rock oder Männer mit einer kurzen Hose bekleidet sind.
Am südöstlichen Rand von Delhi liegt Humayuns Grab, ebenfalls UNESCO-Weltkulturerbe. Es wurde von Haji Begum, der Frau von Humayun, dem zweiten Mogulkaiser, errichtet. Fertiggestellt wurde das Gebäude 1565, neun Jahre nach seinem Tod und nach seinem Vorbild wurde später das Taj Mahal gebaut. Das Grabgebäude liegt in einem großen Park, der durch ein mächtiges Torgebäude betreten wird. Die Marmor-Kuppel ist 43 m hoch und im Inneren befindet sich die acht-eckige Grabkammer des Mogul-Kaisers. Aber auch andere Gräber von Gefolgsleuten und sogar dem Friseur von Humayun liegen in der ausgedehnten Parkanlage.
Qutb Minar (manchmal auch Qutab Minar oder Kutab Minar genannt) liegt ca. 15 km südlich des Stadtzentrums von Delhi. Es wurde im 12. Jahrhundert erbaut als Zeichen des Sieges der Muslime. Es ist mit 73 Metern das höchste Minarett Indiens und bereits von Weitem zu sehen. Im Hof des Minaretts steht eine 2000 Jahre alte Säule aus so reinem Eisen, dass sie heute noch nicht rostet. Die Wissenschaft rätselt noch heute wie man so eine Qualität zu dieser Zeit herstellen konnte. Da die Legende besagt, man habe Glück im Leben, wenn man die Säule rückwärts mit den Armen umfasse, wurde davon so reichlich Gebrauch gemacht, dass inzwischen ein kleiner Zaun die Säule schützt.
Neben dem Minarett befindet sich die Ruine eines zweiten Minaretts, Alai Minar. Es sollte doppelt so hoch werden wie Qutb Minar. Nach dem Tode von Ala-ud-Din, dem Bauherrn, wollte jedoch niemand das ehrgeizige Projekt weiterverfolgen, so dass es noch heute bei bescheidenen 27 m verbleibt.
Die Rajpath, eine breite und schnurgerade Prachtstraße mit einem überfüllten Kreisverkehr in ihrer Mitte, verbindet den Regierungspalast mit dem India Gate, einem Denkmal für die über 60.000 indischen Soldaten, die im 1. Weltkrieg gefallen sind. Ihre Namen bedecken die Wände dieses Triumphbogens.
Die vielen Grünflächen und Bäume entlang der Rajpath lassen einen fast vergessen, dass es sich hier nicht um ein teilweise gerodetes Waldgebiet handelt, sondern die Briten jeden Stein und jeden Baum herbringen ließen, um den öden Landstrich nach ihren Vorstellungen zu gestalten.
Der britische Architekt Lutyens, der Neu-Delhi plante, hatte nicht viel übrig für hinduistischen oder moslemischen Baustil. So kommt es denn auch, dass die von ihm entworfenen Regierungsgebäude, zu welchen auch der Regierungspalast zählt, überwiegend in Neoklassizismus gehalten sind, wobei das eine oder andere Zwiebeltürmchen wohl Gnade vor den Augen des Architekten gefunden hat. Beeindruckend sind die Prachtbauten in diesem weitläufigen Areal allemal, wobei sie eigentlich vom Aussehen her auch in London stehen könnten. Vom Regierungspalast, der hinter einem schönen, jedoch hohen und vor allem fest verschlossenen Gitter liegt, sieht man leider nicht besonders viel, nur einige alte Kanonen zieren den Platz davor.
Bevor es zum Abschluss zum Connaught Place geht, wo zahlreiche Läden in den Rund-Arkaden zum Shoppen einladen, werde ich noch zu einem Tempel geführt, der selten auf einem Besuchsprogramm steht und doch führen die meisten Reiseführer ihre Gäste hierhin. Hier möchten sie den Gästen das „echte” Indien zeigen, einen Sikh-Tempel der dem Guru Granth Sahib Bhawan geweiht ist, wo Arme gespeist werden und den viele Gläubige Sikhs besuchen.
Gleich am Eingang wird Trinkwasser unentgeltlich an die Gläubigen ausgegeben, von reichen Indern, die sich damit ein gutes Karma sichern wollen. Da dieser Tempel nur barfuß zu betreten ist, ist die Schuhverwahrung hier genau geregelt. Es gibt In- und Out- Reihen, damit ja kein Stau entsteht. Auch der Kopf muss bedeckt sein und bevor ich näher zum Tempeleingang darf, muss auch ich ein orangefarbenes Leihkopftuch umbinden, das mir gegen ein kleines Bakschisch zur Verfügung gestellt wird.
Im Tempel gibt es eine Armenspeisung mit den Esswaren, die von Gläubigen zur Verehrung abgegeben werden und für eine kurze Zeit auf dem Altar verweilen, bevor sie in die Töpfe zur Armenspeisung geschüttet werden. Auch hier hoffen die Spender auf ein gutes Karma.
Der Sikh-Tempel sieht eigentlich wie ein Palast in einem orientalischen Märchen aus. Ich steige über die Schutzgeister an der Türschwelle und betrete das Innere. Die Weihrauch geschwängerte Luft wird von mehreren Ventilatoren in kühlende Bewegung versetzt und dankbar lasse ich mich auf einem dicken Teppich ein wenig nieder.
Musikanten mit Tablas und Harmonium spielen eine hypnotische Melodie, die sie auch mit Gesang begleiten. Hinter ihnen befindet sich ein Tisch, an dem Spenden angenommen werden. Übrigens werden hier auch sämtliche Kreditkarten akzeptiert.
Nach einigen Minuten verlasse ich den Tempel wieder – jedoch nicht, ohne an einem Heiligen Buch und vor allem dessen Bettstatt, in dem es über Nacht aufbewahrt wird, vorbei zu gehen. Die Treppen beim Tempelausgang führen hinunter zu einem großen Teich. In ihm schwimmen Hechte und große Goldfische und er scheint für rituelle Waschungen gedacht zu sein. Bei meiner Umrundung finde ich jedenfalls auch ein eigens abgeschirmtes Frauenbad vor.
Der Boden ist mit verschiedenen Mosaiken verziert, die jedoch teilweise von einem Kokosläufer bedeckt sind. Der ist auch dringend notwendig, da die Fliesen stellenweise so heiß sind, dass man kaum barfuß auf ihnen laufen kann.
Nach einem solch umfangreichen Besichtigungsprogram ist auch ein Tag Ruhe und Erholung wichtig und bevor es nach Agra, dem Ort des mystischen Taj Mahals geht, mache ich einen Tag Station im „The Claridges Surajkund“, das etwas außerhalb von Delhi bereits in Richtung Agra liegt. Dieses Hotel setzt nicht nur mit seinem über 1500 Quadratmetern größtem SPA Indiens, das bereits auch mehrfach ausgezeichnet wurde, sondern auch mit den sich selbst auferlegten Umweltstandards neue Maßstäbe in der indischen Hotellerie.
In diesem wirklichen Wohlfühl-Bereich verwöhnen hochspezialisierte Therapeuten Körper, Geist und Seele. Hier lasse ich nicht nur meine Seele baumeln, sondern lasse mich auch mit einem „Surajkund Ritual“ verwöhnen, bei dem mit Synchronmassage und Auflegen von heißen Steinen die Elemente Wasser und Feuer im Mittelpunkt der Behandlung stehen. So dass ich am nächsten Tag bestens erholt bin für die drei- bis vierstündige Fahrt nach Agra, auf der ich das ein oder andere Mal aufgrund des indischen Verkehrsverhaltens mit dem Leben abgeschlossen habe. Doch die Mühen nimmt jeder Indien-Reisende gerne auf sich, um eines der schönsten und mythischsten Bauwerke zu sehen, das Taj Mahal.
Da das Taj Mahal aufgrund von Umwelteinflüssen sich leicht verfärbt hat, wurde sämtlicher motorisierter Verkehr im Umkreis von zwei Kilometer verboten. Somit muss man entweder bei einem kurzen Fußmarsch sich einen Weg durch die lästigen Straßenhändler bahnen oder mit einer Pferddroschke fahren. Die Sicherheitskontrollen sind verständlicherweise streng und somit muss man etwas Geduld haben. Aber dann wird man nach Durchschreiten eines reich verzierten Tors belohnt mit einem einmaligen Anblick einer traurigen Liebeserklärung aus weißem Marmor, den Taj Mahal. Der Anblick dieses erhabenen Bauwerks flößt wohl jedem beim ersten Gegenüberstehen Ehrfurcht ein. Es strahlt in makellosem Weiß. Die komplette Außenhülle ist aus weißem Marmor gefertigt.
Der Mogulherrscher Shajahan ließ 1631 mit dem Bau dieses Mausoleums zur Erinnerung an seine Lieblingsfrau beginnen. Mumtaz Mahal war 1629 mit nur 38 Jahren bei der Geburt ihres 14. Kindes gestorben und hinterließ einen völlig verzweifelten Herrscher.
Über 22 Jahre nahm der Bau des Grabmales in Anspruch und 20.000 Arbeiter hatten hier zu tun. Er verschlang sämtliche Reichtümer des Kaisers und trieb das Reich in den Bankrott. Sein eigentliches Vorhaben, ein genau gleiches Mausoleum nur aus schwarzem Marmor für sich selbst am gegenüberliegenden Ufer des Yamuna erbauen zu lassen und es mit einer silbernen Brücke mit dem seiner Frau zu verbinden, ließ sich schon aus finanziellen Gründen nicht verwirklichen. Der zweite Grund war, dass Schahjahans Sohn aufgrund der enormen Ausgaben den Vater für verrückt erklärte und ihn des Throns sowie der Freiheit beraubte.
Nachdem ich den Park, der das Torgebäude vom Taj Mahal trennt, durchschlendert hatte, geht es über eine Treppe zur Terrasse. Dort muss man entweder die Schuhe ausziehen oder einen Überzug über die Schuhe streifen. Die Größe des Taj ist für einen Menschen kaum zu erfassen. Die Terrasse misst 100 mal 100 Meter, die Kuppel hebt sich 74 Meter hoch, bekrönt von einer Zwiebelkuppel.
Im Inneren des Taj Mahals ist es dunkel und es herrscht dichtes Gedränge. Ich brauche einige Zeit um mich an die veränderten Lichtverhältnisse zu gewöhnen. Mit einer Taschenlampe gehen Einheimische umher und zeigen die Besonderheiten der Steine: der Marmor ist stellenweise lichtdurchlässig während der Karneol im Licht zu glühen beginnt wie von einem inneren Feuer. Das Innere des Mausoleums ist über und über verziert mit Einlegearbeiten und Reliefs. Die dominante Farbe ist weiterhin das Weiß des Marmors, jedoch wurden auch Halbedelsteine wie z.B. Achat für Pflanzenblätter und -stiele, sowie Lapislazuli oder Karneol für Blüten verwendet und setzen dezente farbige Akzente, einfach unglaublich – incredible. Bemerkenswert ist auch das Echo, das mit ziemlicher Verzögerung von der verschlossenen Kuppel zurückgeworfen wird.
In der Mitte des Mausoleums steht Mumtaz Grabmal, etwas links versetzt das von Shahjahan. Beide jedoch ohne die tatsächlichen sterblichen Überreste, denn diese befinden sich in Sarkophagen in einer Krypta unterhalb des Raumes.
Wieder draußen im Tageslicht genieße ich von der Terrasse aus den herrlichen Blick auf den Fluss. Die Lage ist wirklich traumhaft und das Bedauern steigt, dass das schwarze Gegenstück auf der anderen Flussseite nie gebaut wurde.
Beim Rückweg durch den Park des Taj Mahals begegne ich einem großen Affenrudel. Sie scheinen hier ein morgendliches Bad in den Kanälen und Springbrunnen zu nehmen. Besonders lustig sind die kleinen Affen anzusehen, die wie Menschenkinder Anlauf nehmen und mit lautem Platschen und wildem Spritzen ins Wasser springen. Dazu gibt es natürlich auch ein rechtes Gekreisch. Die Zeit an diesem zauberhaften Ort vergeht viel zu schnell, Tage könnte man hier die Stimmung genießen und auch immer wieder etwas Neues entdecken.
Doch als nächstes besuche ich das Rote Fort von Agra, wo der traurige Shahjahan von seinem Sohn gefangen gehalten wurde. Sei einziger Trost war, dass er von seinen einst mit Edelsteinen reich verzierten Gemächern, die 7 Jahre lang bis zu seinem Tod sein Gefängnis waren, einen herrlichen Blick auf den Taj Mahal hatte und damit seiner geliebten Frau so nah war. Wie eine Fata-Morgana erhebt sich das Mausoleum in sanften Farben aus dem Dunst, der über dem Fluss Yamuna liegt. Fast scheint das unwirklich schöne Gebäude zu schweben – bereit, sich jetzt vor meinen Augen aufzulösen.
Nur circa ein Viertel des Forts ist zur Besichtigung freigegeben. Der Rest wird vom Militär genutzt und ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Ich bin erstaunt über die Schönheit der Festung, die neben dem Taj Mahal üblicherweise wenig bis gar keine Erwähnung findet. Akbar, Jahangir und Schahjahan waren die Mogule, die in diesen Gemäuern residierten. Akbar ließ das Fort Mitte des 16. Jahrhunderts auf den Überresten von Hindu-Gebäuden errichten. Seine Nachfolger bauten um und an, so dass schließlich eine prachtvolle Palastanlage hier am Ufer des Yamuna entstand.
In einem Hof, der einen typischen Mogul-Garten repräsentiert, bilden rote Sandsteinbegrenzungen ein regelmäßiges Sternenmuster. Darin werden niedrige, buntfarbige Pflanzen gehalten, sodass der Eindruck eines dichten, bunten Teppichs entsteht. Hier befindet sich auch das Zimmer einer der vielen Maharanis, welches reich verziert und ausgeschmückt ist, wenn auch seine Abmessungen bis auf die spitz hochgezogene Decke jedoch winzig sind. Auf dem kühlen Steinboden sollen einst dicke Teppiche und Kissen gelegen haben. Alles in allem erinnert der Raum sehr stark an ein Nomaden-Zelt.
Vom mit wunderschönen Steinmetzarbeiten verzierten Zimmer der Astrologin ist der schönste Ausblick zu genießen. Durch die durchbrochenen Fenster und Wände ist es hier auch in den heißen Sommermonaten sicherlich kühl und angenehm luftig gewesen.
Auf dem Rückweg nach Delhi ist auf jeden Fall noch ein Besuch von Mariyam’s Tomb empfehlenswert, dessen Anlage direkt an der Straße nach Delhi gelegen ist. Das Grab ist der Frau von Kaiser Akbar gewidmet und wurde 1611 erbaut. Es ist in rotem Sandstein gehalten und sehr stark vom arabischen Baustil geprägt. Wie viele dieser Grabanlagen besteht es aus einem sehr prächtigen Torbau mit einer großen Parkanlage und dem eigentlichen Grab-Palast.
Im Vergleich zum Taj Mahal ist hier wenig los und nach dem Trubel in Agra ist es herrlich in Ruhe durch den Park zu schlendern und das Spiel der Affen, die es hier natürlich ebenfalls gibt, beobachten zu können.
Zurück in Delhi bin ich geschafft, aber glücklich, habe ich doch in nur wenigen Tagen den Hauch einer Ahnung vom wunderschönen „incredible“ Indien vermittelt bekommen. Bestimmt bin ich bald wieder in Indien, nur dann auf jeden Fall mit viel mehr Zeit.