Sankt Petersburg, die Stadt mit den vielen Namen

Sankt Petersburg, die von 1703 gegründete Stadt hatte in ihrer Geschichte schon viele Namen, Petrograd, Leningrad bis ihr bei einem Volksentscheid 1991 der ursprüngliche Name Sankt Petersburg oder St. Petersburg wieder zurückgegeben wurde. Und wurde ihr zur Zeiten Leningrads der Ehrentitel „Heldenstadt“ verliehen, so nennt man sie heute eher wegen ihrer vielen Kanäle das „Venedig des Nordens“, aber auch die „Europäischste Stadt Russlands“ oder das „nördliches Palmyra“.

Die quasi auf dem Reißbrett von Zar Peter I. am Finnischen Meerbusen entstandene Stadt ist glücklicherweise während der Kriege vor größeren Zerstörungen verschont geblieben. So ist das historische Stadtzentrum mit seinen unzähligen -es sollen über 2500 sein- Prunkbauten, Palästen und Kirchen aus Jugendstil, Barock und Klassizismus, sowie viele großzügigen Plätzen und breiten Straßen wirklich einzigartig, und nicht ohne Grund seit 1990 Weltkulturerbe. Und all diese Bauten ruhen wie in Venedig auf tausenden, senkrecht in die Erde gerammten, Baumstämmen, die zur Stabilisierung in dem ehemals sumpfigen Gelände einer Flussmündung von Nöten waren.

Diese Stadt war schon immer eine Kulturmetropolen, so haben hier unter anderem Puschkin, Pasternak, Brodsky, Dostojewskij, Tschaikowsky und Schostakowitsch gelebt und gewirkt. Und auch heute ist es eine Stadt, wo viele Kreative und Künstler leben.

So ist das Mariinski-Theater auch heute noch die Talentschmiede für russische Balletttänzer und -tänzerinnen. Vor einigen Jahren bekam das historische Mariinski-Theater direkt nebenan eine Ergänzung mit dem Mariinski-Theater II, zwar von außen architektonisch ein eher unscheinbarer Bau, aber innen mit beeindruckender Akustik und technischen Finesse, eine wirklich bedeutende Kulturstätte für Opern, Konzerte und Ballettaufführungen. Und wenn eben möglich, sollte man versuchen während des Aufenthaltes eine Aufführung dort zu besuchen.

Dass Sankt Petersburg mit seinen inzwischen über fünf Millionen Einwohnern heute ein bedeutsamer Wirtschaftsstandort ist, macht der 462 Meter hohe Gazprom-Wolkenkratzer deutlich, dessen Form an eine Gasflamme erinnert und das höchste Gebäude Russlands und Europas sein soll.

Die Stadt an der Mündung des Flusses Newa erstreckt sich auf 42 Inseln, die mit mehr als 400 Brücken verbunden sind. Darunter einige Zugbrücken über den Fluss Newa, die jede Nacht zwischen 1:00 und 5:00 Uhr morgens hochgezogen werden, damit große Schiffe vom Meer in den Stadthafen können. Interessant zu beobachten, aber man sollte schauen, dass man sich auf der richtigen Seite befindet, damit man auch zum Hotel zurückkommt, was sonst, wenn überhaupt, bei hochgezogenen Brücken, mit großen Umwegen verbunden ist, auch ein Problem für eventuelle Nachtschwärmer.

Kulturzentrum Sevkabel Port

Für das moderne Petersburg steht das neue Kulturzentrum Sevkabel Port, welches ein paar Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegt. Wurden früher hier Kabel hergestellt, ist es heute eine Begegnungszentrum für die junge Kulturszene. Hier verirren sich leider selten Touristen hin, aber genau hier trifft man auf die moderne kreative Szene von Petersburg.

Die ehemaligen Fabrikhallen sind täglich von zehn bis 23 Uhr bei freiem Eintritt zugänglich und werden als Begegnungs- und Veranstaltungsflächen genutzt. Skaterampen und Basketballplatz und vieles mehr sind aufgebaut und können von jedem kostenfrei genutzt werden. Auch finden hier Konzerte, Streetart- und Tanz-Festivals, sowie alle möglichen Workshops statt. Noch ist alles im Aufbau und nicht perfekt, aber trotzdem ist es schon ein beliebter Treffpunkt geworden.

Dazu tragen auch verschiedene Bars und Restaurants in den Nebengebäuden bei, wie die vielen entstandenen Wohnungen, Studios und Büros. Viele Petersburger kommen auch hierhin um von einem extra kleinen errichteten Leuchtturm die fantastische Aussicht auf den Finnischen Meerbusen zu genießen oder einfach am Ufer abzuhängen.

Das klassische Sankt Petersburg
Peterhof Sankt-Petersburg ©Duering

Aber die meisten Touristen kommen natürlich eher wegen den klassischen Sehenswürdigkeiten nach Sankt Petersburg, wie der Winterpalast mit Ermitage, die 30 Km außerhalb liegende Zarenresidenz Peterhof, Katharinen-Palast mit der Replik des berühmten Bernsteinzimmers, die Isaakskathedrale und Auferstehungskirche. Und Touristen kommen viele, gerade auch durch die großen Kreuzfahrtschiffe, so viele, dass sich vor den traditionellen Sehenswürdigkeiten oft sehr lange Warteschlangen bilden, selbst außerhalb der Saison. An manchen Hotspots könnte man schon das Gefühl bekommen, sich in China zu befinden, denn die Chinesen sind die meisten der jährlich 7-8 Millionen Touristen. Aus Deutschland kommen lediglich knapp 300.000 Touristen, obwohl es gut und schnell per Flieger aus Deutschland zu erreichen ist.

Das mag auch an den bisher komplizierten und teuren VISA-bestimmungen für EU-Bürger liegen.  Aber ab Oktober ist das Visum in Papierform nicht mehr nötig, und auch die Gebühren entfallen. Das kostenlose E-Visum berechtigt dann dazu, sich acht Tage lang in der Zarenstadt aufzuhalten. Spätestens vier Tage vor der Anreise muss es beantragt worden sein. Ob auch der Zwang entfällt, eine spezielle Auslandskrankenversicherung abzuschließen, die die Rückführung im Todesfall einschließt, was in der Regel bei einer normalen Auslandskrankenversicherung nicht eingeschlossen ist, weiß ich leider noch nicht.

Einen besonderen Eindruck hinterlassen hat bei mir die Eremitage, die mit ihren drei Millionen Kunstschätzen und 16 000 Gemälden, u.a. von Rubens, Rembrandt, Tizian, El Greco oder Leonardo da Vinci, zu den meistbesuchten Museen, wie auch zu den bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt gehört. In über 350 prunkvollen Zimmer sind aber nur circa 65.000 Werke für den Besucher zu bestaunen.

Kaum Wartezeiten hat man übrigens gegenüber dem Winterpalast im Generalstabsgebäude, wo die Gemälde der wichtigsten Vertreter der modernen Kunst wie Renoir, van Gogh, Monet, Matisse, Cezanne, Gauguin, Liebermann, Rodin oder Picasso ausgestellt sind.

Sehenswert und ebenfalls nicht so überlaufen ist das erst 2014 eröffnete Fabergé Museum im Schuwalow Palais mit der weltweit größten Sammlung der weltberühmten Fabergé-Eier, die mit ihrer äußeren Gestaltung, als auch mit der im Innern versteckten Pretiosen und ihrer filigranen Ausarbeitung, der Inbegriff allerhöchster Juwelierskunst sind.

Die älteste Straße von Sankt Petersburg ist der 4,5 Kilometer lange Newskij Prospekt, die auch die beliebteste Flanier- und Shoppingmeile mit vielen Restaurants und Geschäften von kleinen Boutiquen bis zu den überall gegenwärtigen Modelabels ist. Oft untergebracht in alten Palästen oder alten Handelshäusern, wie das im Jugendstil errichtete Singer-Haus mit seiner besonderen Fassadenpracht und einer Weltkugel auf dem Dach. Früher Zentrale des bekannten Nähmaschinenherstellers, heute befindet sich hier eine riesige Buchhandlung und ein Café.

Reisezeit und Tipps

Die meisten Besucher kommen während der „Weißen Nächte“ von Ende Mai bis Mitte Juli, wo die Sonne hier immer nur kurz untergeht und das Leben hier wirklich pulsiert. Aber nicht nur zu dieser Zeit wird in Petersburg gefeiert, Festivals und Events finden das ganze Jahr statt. So z.B. auch das Eisbrecher-Festival, wo Anfang Mai mit einem kleinen Volksfest, die für Petersburg so wichtige Eisbrecher-Flotte gefeiert wird, halten diese doch im Winter die Versorgungswege frei. Bei dem Festival liegen sie hier vor Anker und können, wie auch U-Boote besichtigt werden.

Ständig vor Anker liegt der Panzerkreuzer Aurora an der Fachschule Peter der Große und ist dort als Museumsschiff zu besichtigen.

Übrigens, eines der besten Transportmittel in Sankt Petersburg, ist neben den Bussen die Metro, die schon ein Highlight für sich ist. So prunkvoll und vor allen Dingen so sauber sind selten die Metros in anderen Städten. Und das in einer Stadt, die es nicht schafft, ein keimfreies Trinkwassersystem zu haben, was eigentlich für die Menschen und auch Besucher viel wichtiger wäre.

Eine Reise nach Sankt Petersburg lohnt sich vor allem aufgrund der Temperaturen eher von April bis Oktober. In den Zeiten vor und nach der Weißen Nächte ist es auf jeden Fall weniger überlaufen. Sankt Petersburg ist sicherlich eine der schönsten Städte Europas mit prachtvollen Bauten, einer beeindruckenden Geschichte und einem tollen Kulturangebot, aber auch einer interessanten Kneipen- und Restaurantszene, wie z. B. das Steakhouse Frank, wo das Servicepersonal nicht nur kellnert, sondern auch zwischendurch immer wieder live singt und tanzt, das Russian Vodkaroom No. 1, ein Restaurant mit einem Wodka-Museum oder das Mari Vanna, wo es traditionelle russische Küche in einer nostalgischen russischen Wohnzimmeratmosphäre gibt.

Aber Restaurants und auch Hotels gibt es wirklich jede Menge für jeden Geschmack und auch für jeden Geldbeutel. Ich habe z.B. im Hotel Domina übernachtet und war sehr zufrieden.

Schade ist, dass zwar viele junge Menschen in Petersburg Englisch sprechen, aber trotzdem abseits der Hotspots kaum Englisch gesprochen wird. Da hilft es schon auch mal auf die Hilfe eines Reiseführers oder Reiseführerin zurückgreifen zu können, die erfreulicherweise in Sankt Petersburg auch gar nicht so teuer und vor allen Dingen auch manchmal hilfreich sind, Warteschlangen zu umgehen. Mich hat die Kunsthistorikerin Olga Vanyashova begleitet, die nahezu täglich Besucher meist aus Deutschland das klassische Sankt Petersburg mit seinen Schlössern und Kunstsammlungen, aber auch gerne das neue junge und kreative Petersburg zeigt. Mich hat sie mit ihrem Detailwissen, ihrer freundlichen Art und einem hervorragenden Deutsch begeistert.

Text und Bilder ©Detlef Düring

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