Hoch über den Köpfen kreisen die Adler, während die Besucher des Mesa Verde Nationalparks über senkrecht aufragende Holzleitern an Felswänden hochklettern, um zu den ehemaligen Wohnbauten der Ureinwohner zu gelangen. Wer nicht schwindelfrei ist, wird sich an manchen Stellen vielleicht ein wenig überwinden müssen, doch die Mühe lohnt sich, denn einige der einmaligen Felsenwohnungen der „Ancestral Puebloans“ im Südwesten von Colorado lassen sich nur über Holzleitern erreichen. Steinerne Städte voller Geheimnisse, spektakulär in die Felswände eines Bergmassivs hinein gebaut erwarten den Besucher im 1906 gegründeten größten archäologischen Schutzgebiet der Vereinigten Staaten. Mesa Verde besitzt über 4.000 bekannte archäologische Stätten, darunter etwa 600 Felsenwohnungen, und ist der bislang einzige Nationalpark in den USA, in dem kein Naturwunder, sondern menschliches Kulturerbe geschützt wird.
Die Ancestral Puebloans und Mesa Verde
Der bewaldete und zerklüftete Mesa Verde (spanisch für: Grüner Tafelberg) überragt die ihn umgebende Landschaft um etwas mehr als 600 Meter. Besiedelt wurde er von den Ancestral Puebloans bereits im 6. Jahrhundert. Die Vorfahren der heute in den USA lebenden Stämme nannte man bis vor Kurzem noch „Anasazi“, da dies aber in der Sprache der Navajo „Alter Feind“ bedeutet, ist man zum politisch korrekten „Ancestral Puebloan“, also den „Pueblo Vorfahren“ übergegangen. Zunächst lebten diese innerhalb kleiner Gemeinschaften in einfachen Bauten, deren Überreste man an der Mesa Loop Road besichtigen kann. Im Lauf der nächsten Jahrhunderte entwickelte sich ihre Architektur immer weiter bis hin zu großen Siedlungen mit mehrstöckigen Lehm- und Steinbauten, den Pueblos. Im 12. Jahrhundert errichteten sie in Jahrzehnte langer Bauzeit unter überhängenden Felswänden, den natürlich entstandenen Alkoven, ihre imposanten und einzigartigen Wohnkomplexe. Wahrscheinlich aufgrund einer Dürreperiode verließen sie diese aufwändig gebauten Städte schon nach erstaunlich kurzer Zeit am Ende des 13. Jahrhunderts wieder, da sie auf der Suche nach Wasser weiter in den Norden von New Mexico zogen. Wieder entdeckt wurden die verlassenen und Jahrhunderte lang vergessenen Höhlenwohnungen erst 1888, als zwei Cowboys nach verirrten Rindern suchten.
Auf den Spuren der Ureinwohner im Nationalpark
Als erstes sollte man im Park das Mesa Verde Visitor and Research Center aufsuchen, das ganzjährig geöffnet ist. Hier erhalten Besucher Tipps, Broschüren, Wanderkarten und Tickets für die von Rangern geführten Touren zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten. Auch das Chapin Mesa Archeological Museum ist einen Besuch wert und bietet umfassende Einblicke in die Kultur der Ancestral Puebloans. Gleich in der Nähe des Museums befindet sich das Spruce Tree House, das mit 114 Zimmern und 8 Kivas etwa 125 Personen Platz bot. Aktuell ist es wegen Stabilisierungsarbeiten geschlossen und wird voraussichtlich ab Oktober 2019 wieder für Besucher zugänglich sein. Unbestrittener Star des Parks und mit etwa 150 Räumen und 23 Kivas die größte Felswohnung Nordamerikas ist allerdings der berühmte und äußerst eindrucksvolle Cliff Palace. Über eine in den Felsen gehauene Treppe erreicht man ihn und verlässt ihn wieder über kurze Holzleitern. Abenteuerlich ist der Besuch des Balcony House. Ranger führen die Wagemutigen über 130 Felsstufen hinab und dann wieder über eine 10 Meter hohe Leiter auf einen steil abfallenden Felssims. Zum krönenden Abschluss kriecht man noch auf allen Vieren durch einen engen und etwa drei Meter langen Tunnel, um dann wieder vor Felsstufen zu stehen, die noch einmal 20 Meter in die Höhe führen.
Halbtagestouren in bequemen Bussen starten in ausgewählten Monaten täglich an der Far View Lodge. Die beliebte 700 Years Tour führt von Mitte April bis Mitte Oktober vorbei an historischen Stätten der Pueblo Vorfahren und Ranger geben Einblicke in Kultur und Gartenbau der Ureinwohner, sowie in das Erbe des Parks. Die Far View Explorer Tour ist für alle Altersgruppen geeignet und führt unter anderem zum Park Point, mit 2.613 Metern der höchstgelegene Punkt des Parks, von dem aus man einen fantastischen Blick auf den Nationalpark hat. Angeboten wird die Tour von Ende Mai bis Mitte August. Diverse einstündige geführte und ungeführte Touren und Wanderwege verschiedener Schwierigkeitsgrade komplettieren das Angebot an Aktivitäten. Hinter dem Museum führt beispielsweise der vier Kilometer lange und leicht zu bewältigende Petroglyph Point Trail zu Felsmalereien in den Spruce Tree Canyon hinunter, ein zweiter Weg läuft am Rande des Canyons entlang. Auf eigene Faust und mit dem Auto kann man den Nationalpark unter anderem auf der Mesa Top Loop Road oder der Cliff Palace Loop Road erkunden. Beide Straßen belohnen Besucher mit Ausblicken auf den Cliff Palace und das Square Tower House.
Übernachten im Mesa Verde National Park
Um den Park in Ruhe erkunden zu können, sollte man mindestens eine Übernachtung einplanen. Die einzige Unterkunft im Park ist die bis zum 23. Oktober 2019 geöffnete Far View Lodge. 2020 hat die Lodge ab Mitte April geöffnet. Die komfortable Unterkunft verfügt über 150 Zimmer (Kiva und Kiva Deluxe Zimmer) und liegt auf einer Höhe von 2.500 Metern in unmittelbarer Nähe des Visitor Center und unweit der Felsenwohnungen. Wie der Name schon sagt, haben Gäste der Lodge einen fantastischen Ausblick. Auch vom zur Lodge gehörenden und geschmackvoll eingerichteten Metate Room Restaurant bietet sich den Gästen eine grandiose Panoramasicht. Die gehobene Küche hat sich auf zeitgenössische Interpretationen traditioneller Rezepte spezialisiert und würdigt so das Erbe der Ureinwohner.
Mehr Informationen über den Mesa Verde National Park unter visitmesaverde.com/.