Kanada hat viel Platz für filmreife Landschaften. Denn Kanada ist nicht nur das zweitgrößte Land der Erde, sondern zugleich auch das am dünnsten besiedelte. Einsame Wälder, Grizzly-Bären, pulsierende Städte und futuristische Skylines. Nur drei Flugstunden von L.A. entfernt, lieben es Regisseure und Filmstars, in Kanada zu drehen. Filme wie „Der Rückkehrer“, die „Twilight“-Saga oder „Brokeback Mountain“ zeigen atemberaubend schöne Landschaften und wecken die Lust zu reisen wie im Film.
Alberta – Ab durch die Wildnis mit Gefühl
Klare Seen, in denen sich die schneebedeckten Berge spiegeln, schroffe Bergspitzen, an denen Wolken wie Watte hängen und dunkelgrüne Wälder, in denen auf einer Lichtung zwei Cowboys eine Herde Schafe hüten, Dosenbohnen über dem offenen Feuer erhitzen und in der Einsamkeit zueinander finden. In dem Film „Brokeback Mountain“ wird die Sehnsucht zweier Menschen zueinander in einer imposanten Naturkulisse inszeniert. Spielt das Geschehen in der Kurzgeschichte von Annie Proulx, die die Vorlage für den Film bot, zwar im amerikanischen Wyoming, so fand der Regisseur Ang Lee doch nur im kanadischen Alberta die Kulisse, um die Naturgewalt der Liebe expressiv zu rahmen. Alberta, das östlich neben British Columbia liegt, ist berühmt für die Rodeo-Stampede in Calgary, für seine dichten Wälder, seine Seen und die endlosen Grasslands. Ein Ort wie gemacht für epische Aufnahmen. Berührend ist die Wildnis von Kananaskis Country, der Moose Mountain, der im Film als Brokeback Mountain firmiert und die Kleinstadt Fort Mcleod, in der bis heute das Elektrogeschäft steht, das im Film als Waschsalon diente, vor dem sich die beiden Cowboys Ennis (Heath Ledger) und Jack (Jake Gyllenhaal) zum ersten Mal küssen. „20 Jahre träumten sich Ennis und Jack zurück nach Brokeback Mountain“, sagt der taiwanesische Regisseur Ang Lee, „und so ähnlich geht es mir. Kanada lässt mich nicht mehr los, ich träume davon, wiederzukommen.“
Vancouver – Auf einen Drink mit Tim Burton und Superman
Auch wer durch Vancouver flaniert, läuft früher oder später durch die Filmkulisse eines Hollywoodklassikers. Und das meist ohne es zu merken! Denn die Scheinwerfer sind längst abgebaut, die Crew abgerückt, nur die Schönheit des Ortes bleibt und wird umso interessanter, je mehr man von ihrer Geschichte weiß. Ein toller Spot in Vancouver ist Granville Island, eine kleine Halbinsel Vancouvers. Auf der Halbinsel befindet sich das Kunst- und Kulturviertel, ein kleiner Yachthafen, die Emily Carr Design- und Kunsthochschule und ein Flohmarkt. Auf diesem beobachtete einst Tom Cruise in der Rolle des Ethan Hunt in der Schlussszene von „Mission Impossible – Phantom Protokoll” seine Frau, um zu sehen, ob es ihr gut geht. Würde er über die Segelboote im Yachthafen hinüber zur Skyline von Vancouver schauen, könnte er viele weitere Filmschauplätze in Vancouver Downtown erspähen. Neben dem Gericht und dem Regierungsgebäude liegt die Vancouver Art Galley. Die permanente Ausstellung zeigt 8.000 Kunstwerke, zwischen denen zahlreiche Szenen des Tim Burton-Films „Big Eyes“ spielten. In dem Film, einer Biographie-Verfilmung, mimt Christopher Waltz als Walter einen liebenswerten Hochstapler, der die Bilder seiner Frau Margaret als seine Bilder ausgibt, um ihrer Kunst den gebührenden Ruhm zu verschaffen. Und weil Vancouver zu den Top-Drehorten der Welt gehört, kann es passieren, dass im Restaurant ein Filmstar direkt am Nebentisch einen Kaffee bestellt. Im Blue Water Café speisten schon Uma Thurman, Catherine Zeta Jones und Pierce Brosnan und im Bao Bei in China-Town sieht man schon mal Blake Lively und den Kanadier Ryan Reynolds Nudelsuppe löffeln.
Vancouver Island – Storm-Watching mit Vampiren
Nur ein paar Autostunden von Vancouver entfernt liegt Vancouver Island: Tosende Brandung, Treibholz, samtweicher Sand. Und dazwischen Kristen Stewart in der Rolle der Bella, die mit dem Werwolf Jacob am Strand von Long Beach in Tofino entlang spaziert. In der „Twilight“-Saga ist der Long Beach der Ort, wo Bella dem Geheimnis Edwards näherkommt. Long Beach, eigerahmt von duftenden Zedernwäldern, gehört in Wirklichkeit zu dem kleinen Surfer- und Künstler-Dorf Tofino auf Vancouver Island. Vancouver Island ist die größte nordamerikanische Pazifikinsel. Sie dient nicht nur Regisseuren, sondern auch Schriftstellern als inspirierender Ort. Bestseller-Autor Frank Schätzing schrieb hier in dem legendär schönen Hotel Wikaninnish Inn seinen Roman „Der Schwarm“. Auch das Hotel selbst wird darin zum Schauplatz, hier trifft der Walforscher Leon Anawak, der ebenfalls in der in Tofino real angesiedelten Walstation „Jamie’s Whaling Station“ arbeitet, auf die Wissenschaftlerin Samantha, die mit ihm die Bedrohung aus dem Meer aufspürt. Neben Tofino ist die Stadt Victoria ein wunderschöner Drehort auf Vancouver Island. Victoria, Hauptstadt British Columbias, die ihren Namen der britischen Königin Victoria verdankt, war einst ein beliebter Aussteigerort für Hippies und ist heute dennoch beinahe britischer als England. Das ebenfalls sehr britisch anmutende Hatley Castle in Victoria fungiert in der Superman-Serien-Adaption „Smallville“ als Villa des Bösewichts Lex Luthor, es dient in der „X-Men“-Reihe Professor Xavier als Lehranstalt für hochbegabte junge Menschen und in der Serie „The Killing“ als Militärakademie. Victoria verzaubert nicht nur Schauspieler wie Halle Berry, die hier als Storm durch die Gassen lief, sondern auch Freunde kleiner Antik-Läden und Liebhaber einer königlichen Tasse Tees, die es hier stilvoll an jeder Ecke zu genießen gibt. Und in Victoria gibt es die schmalste Straße Nordamerikas, die „Fan Tan Alley“, durch die schon Goldie Hawn galant auf dem Motorrad im Film „Ein Vogel auf dem Drahtseil“ sauste.
Quebéc – Auf den Spuren von Leonardo DiCaprio
Szenenwechsel. „Catch me if you can!“ sagte sich Leonardo DiCaprio in der Rolle des legendären Frank Abagnale und hechtete durch die historischen Straßen des französischsprachigen Quebécs, gefolgt von Tom Hanks in der Rolle des FBI-Agenten Carl Hanratty. Regisseur Steven Spielberg drehte diese Verfilmung der wahren Lebensgeschichte des Frank William Abagnale Jr., der durch geschickte Scheckbetrügereien zu einem Vermögen von mehreren Millionen Dollar gekommen war und bereits als 20-Jähriger als Arzt, Rechtsanwalt, PanAm-Pilot und Hochschullehrer arbeitete, an vielen Orten – zu den beeindruckenden davon zählen die kanadischen. Ein ausgedientes Gefängnis in Montréal wurde zu dem französischen Gefängnis, in dem Carl Hanratty am Ende des Films Abagnale festhält. Das charmant französische Quebéc City wurde unter der Regie von Spielberg zu dem französischen Örtchen Montrichard. Nicht nur im Film auch in natura besticht Quebéc City mit seinem französischen Charme. Québec liegt im Osten Kanadas und ist das europäischste Kleinod Nordamerikas. Avantgardistische Architektur, Flaniermeilen, Cafés und Bars, in denen man kreative Crossover-Küche mit französischen Einflüssen genießen kann und vermutlich den besten Ahornsirup der Welt bekommt. Denn in Quebéc gibt es über 400 Millionen Ahornbäume, 7.000 Ahornfarmen und rund 80 Prozent des weltweit verkauften Ahornsirups stammen von hier. In winzigen Holzhütten im Wald, den Sugar Shacks wird der Sirup hergestellt. Ein idealer Ort für Frank Abagnale, um sich zu verstecken – oder um der süßesten Versuchung Kanadas nachzugeben.
Neufundland und Labrador – Einmal bis ans Ende der Welt
Neufundland und Labrador liegen, rein geographisch betrachtet, wie eine Baskenmütze auf der Provinz Quebéc. Doch alle französischen Einflüsse sind hier nahezu verpufft. Die Natur ist hier zu gewaltig für französische Eleganz. Kleine Fischerhäuschen, die aus Holz in die Felsen gebaut und mit Tauen vor dem Sturm festgezurrt sind. Leuchttürme, die zu Hotels umgebaut sind und an denen Walfamilien und Eisberge vorbeiziehen. Neufundland ist ein Paradies für Abenteurer, die es ans Ende der Welt treibt – und für Künstler. Regisseur Lasse Hallstrøm wählte Neufundland und Labrador, um „Schiffsmeldungen“ zu drehen. Der Film erzählt die Geschichte von Quoyles, der nach Neufundland zieht, um in der Heimat seiner Vorfahren zu sich selbst zurück zu finden. Annie Proulx, die die Romanvorlage lieferte, ließ sich zunächst von den verheißungsvollen Namen neufundländischer Orte auf der Weltkarte inspirieren. „Dead Man’s Cove“, „Bay of Despair“ oder „Plunder Beach“. Daraufhin reiste sie nach Neufundland und verliebte sich sofort in die raue Schönheit und in den kauzigen Humor der Menschen. Auch Regisseur Hallstrøm war sofort begeistert von Neufundland. Insbesondere von dem kleinen Ort New Bonaventure bei Trinity Bight. „Die Häuser dort wurden seit dem 18. Jahrhundert kaum verändert“, erläutert Location-Manager Charlie Harrington, „und von allen Orten, die ich je gesehen habe, war dies der am meisten abgelegene und magischste.“