Bad Steben erinnert an die Biedermeierzeit

Das höchstgelegene Staatsbad Bayerns feiert nicht nur die Biedermeierzeit, sondern auch seinen wohl bekanntesten Gast: Alexander von Humboldt.

Fesch herausgeputzt flanieren die Gäste durch den Kurpark. Jeans und T-Shirt sind verpönt. Stattdessen sorgen Spitzen und Hauben, Zylinder und Frack für die perfekte Optik. Nein, in Bad Steben ist die Zeit nicht stehengeblieben. Beim Biedermeierfest darf das Rad der Zeit trotzdem etwas zurückgedreht werden.

Vor über zehn Jahren haben sich die Einwohner des Staatsbads im Frankenwald erstmals ins 19. Jahrhunderts zurückversetzt und versprühen seitdem regelmäßig einen Hauch der guten alten Zeit. Man erinnert damit an die Periode, als Bad Steben von Bayern-König Ludwig I. wegen der heilenden Wirkung seiner Quellen zum Staatsbad erhoben wurde, erzählt Monika Josiger vom Tourismusbüro.

Bei dieser prächtigen Modenschau sind die festlichen Roben der Frauen mit den Reifröcken ein Blickfang für die vielen Zuschauer. Passende Accessoires wie spitzenbesetzte Handschuhe oder ein Sonnenschirm, Ton in Ton mit der Farbe des Kleides, dürfen nicht fehlen. Selbst der Kinderwagen passt in den historischen Kontext.

Nicht weniger elegant sind die Herren in Frack und Vatermörder, einem steifen hohen Stehkragen am Hemd. Schneidige Uniformierte reichen ihrer Dame galant den Arm zum Spaziergang, der im Gartencafe bei einem Stück Kuchen enden darf – natürlich ist auch die Kaffeetafel stilecht wie aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.   Zwischen den Sonntagsfrischlern dreht ein Hochradfahrer gekonnt seine Runden, macht hie und da Halt und gibt eine Kostprobe seines Könnens auf dem damals üblichen Gefährt.

Aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kommen die rund 200 Gewandeten, die die Blicke der Zuschauer auf sich ziehen. Die meisten Kostüme sind selbst genäht, und die Biedermeierfreunde aus Bad Steben besitzen sogar noch Originalkleider jener Zeit, wie die Verantwortlichen aus dem Nähkästchen plaudern. Man legt Wert auf Authentizität, auch wenn man kreativen Freiraum für eigene Ideen gewährt. Doch für einige der Organisatoren gilt: Man hat den Lebensstil verinnerlicht.

Verinnerlichen – im wahrsten Sinne des Wortes – darf man das Heilwasser der drei Quellen von Bad Steben, von denen zwei direkt im Kurpark entspringen. Der 40 Hektar große Landschaftspark ist geprägt von mediterranen und englischen Gärten. Zentraler Punkt sind die Kureinrichtungen im klassischen Jugendstil, von Leo von Klenze erbaut, und die Säulenhalle. Hier können die drei Heilwässer – radonhaltiges Wasser, Calcium-Magnesium-Hydrogencarbonat-Säuerling und Calcium-Hydrogencarbonat-Säuerling – gekostet werden.

Der Kurpark ist aber auch der Start für zahlreiche Wanderungen auf gut ausgeschilderten Wegen rund um Bad Steben, darunter auch eine Gesundheitswanderung. Brigitte Schmid nimmt ihre Gäste wöchentlich mit zu Touren, die Körper und Seele erquicken.  „Und damit wird Herz-Kreislauferkrankungen vorgebeugt“, verrät die Gesundheitswanderführerin. Auf der rund zehn Kilometer langen Strecke warten elf Stationen auf den Wanderer, an denen er Muskeln und Gelenke mobilisiert. Etwa, wenn man an einer Treppe einfach mal die Beine baumeln lässt oder mit einem Tannenzapfen auf den Zehen balanciert. Tafeln erläutern die einzelnen Übungen und ihre Funktionsweise. Über die Höhe der Schönen Aussicht, die einen fantastischen Blick auf Bad Steben und seine umliegenden Ortsteile preisgibt, geht die Wanderung durch offenes Feld, an Wiesen und Wald entlang. Und Brigitte Schmid öffnet die Augen für die Schönheit der Natur, weist den Wandergast auf Pfingstnelke, Perückenflockenblume, Fuchsgrabenkraut oder die Ständelwurz, eine Orchideenart, hin. Der Rundkurs geht nicht nur an einigen der fünf Kurkliniken des Ortes vorbei, sondern auch am Seifengrund, ehe es wieder zum Ausgangspunkt in den Kurpark geht.

Der Seifengrund erinnert an die Anfänge des Bergbaus in der Region. Hier wurden die Anlagen errichtet, die benötigt wurden, um Erze aus dem Wasser zu waschen. Gewonnen wurden die Erze einige Kilometer entfernt. Davon weiß Eva Spörl vieles zu berichten. Wer mit ihr durch den im Höllental bei Lichtenberg, direkt an der Grenze zu Thüringen, gelegenen Friedrich-Wilhelm-Stollen geht, bekommt nicht nur eine spannende Geschichtsstunde geboten, sondern gleichzeitig einen geologischen Exkurs. Dabei ist dieser Stollen weniger zum Abbau von Eisen- und Kupfererz, später auch Flussspat genutzt worden, sondern diente vor allem als Entwässerungsmöglichkeit.  Bauherr war 1793 Alexander von Humboldt, der bedeutende deutsche Naturforscher, der 1769 geboren wurde. Als Bergassessor kam er mit 23 Jahren nach dem Studium nach Bad Steben. Er verbesserte die Grubenlampen der Kumpel, gründete eine Bergwerksschule zur Ausbildung der Arbeiter und schrieb sogar die Lehrbücher dafür selbst. „Damit entstand die erste Berufsschule Bayerns“, erzählt Spörl.

Der fast 1000 Meter lange und ziemlich schnurgerade Stollen ist heute ein Besucherbergwerk. Mit Schutzhelm und Regenjacke ausgerüstet, geht es in das Bauwerk. Im Vergleich zu den Kumpeln früher ist es für die Gäste heute sehr komfortabel. Das Wasser fließt in einer Rinne unter den Gitterrosten hindurch, glasklar und sehr beständig. Bis zu 16 Liter in der Sekunde fließen aus dem Berg in den künstlichen Bach, informiert Spörl ihre Gruppen. Nur an wenigen Stellen sind die alten Holzstämme aus Humboldts Tagen noch erhalten, die das Wasser einfassten und die die Arbeiter zum Laufen nutzen.

Vom Stollen sind derzeit etwa 180 Meter begehbar, dahinter liegt eine Verschüttung, die der Förderverein erst freiräumen möchte. Seit 1995 kümmert sich der Verein darum, dass das Bergwerk, eines von über 30 in der Region Hof, wieder nutzbar ist. Zur Anschauung wurden Teile der Grube so hergerichtet, dass man die harte Arbeit der Kumpel beim Erzabbau gut nachvollziehen kann.  Dazwischen informiert Spörl über die wechselnden Gesteinsschichten, erzählt von Vulkangestein, Mineralien und Erzen. Die Augen der großen und kleinen Besucher leuchten, wenn sie kurz das Licht löscht und die fluoreszierenden Moose in der Dunkelheit ihre Pracht zeigen. Zum Abschied vom Stollen dürfen sich die Kinder noch ein Mineral aus Spörls Schatzkiste aussuchen. Spätestens dann sind die Kleinen vom Bergfieber gepackt. Für die Erwachsenen gibt es flüssige Unterstützung, die aber genauso gut ankommt.

Wer dann so richtig auf den Geschmack gekommen ist und mehr über die Bergbauregion erfahren will, macht sich auf den geologisch-bergbaukundlichen Lehrpfad. Er bringt allen Besuchern die mehr als 1000-jährige Geschichte des Bergbaus rund um Bad Steben und Lichtenberg näher.

Informationen gibt es unter www.badsteben.de

Text und Bilder: Diana Seufert

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