ArchitekTOUR durch Bad Reichenhall

Boutiquehotel Villa Rein in Bad Reichenhall

Prächtige Gründerzeitvillen, ein königlicher Kurpark und das Industriedenkmal Alte Saline sind nur drei markante Beispiele für Bad Reichenhalls architektonische Vielfalt. Dabei reicht die Baugeschichte der oberbayerischen Alpenstadt – trotz des verheerenden Brands von 1834 – bis ins Mittelalter zurück. So blieben etwa die kleine Johanneskirche und die westlich davon noch aufragende Stadtmauer von der Katastrophe verschont. Eine neue ArchitekTOUR führt Interessierte zu den spannendsten Stationen, und sogar die Einkehrschwünge zwischendurch machen Halt in baukünstlerisch relevanten Gebäuden.

Belle Époche in „Rein“-Kultur: Von Jugendstil bis Moderne 

Die ArchitekTOUR durch Bad Reichenhall startet an der Villa Rein, seit 1938 in Besitz der gleichnamigen Familie. Erstmals wurde das Anwesen im 19. Jahrhundert auf Positonsblättern des Königreichs Bayern als Umbau eines Bauernhauses zum Beherbergungsbetrieb dokumentiert. Dazu kam es aber nie: Der einstige Grundstücksbesitzer Fritz Ackermann riss das alte Gebäude 1898 ab und errichtete an derselben Stelle die jetzige Villa als Kurpension mit Eck-Erkertürmchen, Schweifgiebel-Risalit, Mansarddach und Jugendstilbalkonen. Nach neun Monaten behutsamer Generalsanierung eröffnete das denkmalgeschützte Boutiquehotel 2019 neu. Erhalten blieben das reich verzierte Gründerzeit-Treppenhaus, der Parkettboden, die Einbauschränke und Türen der 14 Hotelzimmer, kombiniert mit Antiquitäten und schnörkellos-modernem Interieur aus natürlichen, hochwertigen Materialien.

Wandeln auf königlichen Spuren: Bäderarchitektur
Alte Saline ©Bad Reichenhall Tourismus Stadtmarketing

Weiter führt die Strecke in den Königlichen Kurgarten, 1868 angelegt vom Münchner Hofgärtner Carl von Effner. Der Park gilt als einer der schönsten seiner Art in Mitteleuropa. Vorbei am Gradierhaus (1910), größtes AlpenSole-Freiluft-Inhalatorium der Welt, läuft man zum Königlichen Kurhaus. Erbaut 1899/1900 im Stil von Neo-Renaissance und -Barock, offenbart sich dort die einstige, monarchisch-bayerische Bäderszenerie. Die herrschaftliche Freitreppe zum Foyer mit Stuck, Marmor, edlem Messing und prächtigen Kronleuchtern zeugen von Bad Reichenhalls mondäner Geschichte, ebenso wie die Konzert-Rotunde von 1912. Noch heute ist der monumentale Säulenbau Schauplatz von Musikaufführungen der Bad Reichenhaller Philharmoniker, die Deckenmedaillons stellen allegorisch die Heilmittel der Alpenstadt dar. Die Wandelhalle ergänzt das Ensemble um den Trinkpavillon von 1927 mit AlpenSole-Brunnen aus rotem Ruhpoldinger Marmor.

Kurhaus ©Bad Reichenhall Tourismus & Stadtmarketing
Fußgängerzone: Kunterbunter Mix

In Bad Reichenhalls verkehrsberuhigter Innenstadt offenbaren sich gleich mehrere Architekturstile auf kleinstem Raum: Über das derzeit in Renovierung befindliche, klassizistische Axelmannstein, erstes Kurhotel der Alpenstadt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, spazieren Interessierte weiter zum Kurmittelhaus der Moderne. Das Gebäude wurde 1927 im späten Jugendstil für die zentrale Verabreichung von Therapien erbaut und bietet noch heute Inhalationen, Bäder sowie Massagen. Entlang der Fußgängerzone passiert man dann zuerst das Café Reber. Die historische Fassade und der rote Baldachin des Familien-Stammhauses sind seit 1938 unverändert, im Inneren herrscht Biedermeier-Flair. Kaffeetrinker kehren dort ein und sollten sich unbedingt eine der Mozartkugeln gönnen, für die die Confiserie so weltberühmt ist. Shopping-Begeisterte bummeln ein paar Häuser weiter durchs elegante Kaufhaus Juhasz, 2019 mit dem German Design Award in der Kategorie „Retail-Architektur“ ausgezeichnet. Ein lohnenswerter Abstecher führt zur Spitalkirche St. Johannes aus dem 12. Jahrhundert. Eine gotische Empore kontrastiert die romanische Apsis der kleinen Kirche, das Innere wurde im Rokoko umgestaltet.

Einmaliges Industriedenkmal: Auf Salz gebaut
Restaurant Salin ©Bad Reichenhall Tourismus & Stadtmarketing

Nichts spielt in der Alpenstadt eine größere Rolle als das Salz, eindrucksvoll dokumentiert im ReichenhallMuseum im historischen Salinen- und Getreidekasten. Die Ursprünge des heutigen Gebäudes gehen auf das 14. Jahrhundert zurück: Alljährlich hat man die Knechte der Saline zur einen Hälfte aus dem dort gelagerten Getreide, zur anderen mit Geld ausbezahlt. Im Zuge des Stadtbrands von 1834 wurde die mittelalterliche Struktur bis aufs Gemäuer ein Raub der Flammen. Nach der Restaurierung 1966 erfolgte die Adaption für Museumszwecke. Nur wenige Gehminuten entfernt freuen sich Hobby-Historiker über das bildschöne Industrie-Denkmal Alte Saline, bis 1926 Herstellungsort des Bad Reichenhaller Salzes und in Auftrag gegeben von Ludwig I. Die Ursprünge reichen in die Bronzezeit zurück, die heutige Anlage direkt an den Solequellen am Fuß des Gruttensteins stammt von 1836 bis 1851. Das prachtvolle Hauptbrunnhaus beherbergt heute die historischen Salzquellen und das Salzmuseum, das ehemalige Sudhaus unter anderem das stylische Restaurant Salin – auf dem Boden römischer, mittelalterlicher und neuzeitlicher Salzgewinnung.

Florianiplatz ©Bad Reichenhall Tourismus & Stadtmarketing
Wo die Zeit still steht: Mittelalter-Flair in der Oberstadt

Vom großen Stadtbrand 1834 verschont geblieben ist der beschauliche Florianiplatz nur ein paar Schritte entfernt, wo sich wohl schon im 8. Jahrhundert die sogenannte Dingstätte für Gerichtsversammlungen befand. Das Viertel bewohnten im späten Mittelalter Bürger, die in verschiedenen Bereichen der Saline tätig waren – so etwa Küfer, die Salzfässer herstellten oder Arbeiter in den Salz-Trocknungsanlagen. Während des 18. Jahrhunderts lebten dort vorwiegend Arbeiter und Taglöhner. Der Name wird auf den Schutzpatron vor Feuergefahr zurückgeführt, so auch der ab 1895 errichtete Brunnen. Die flankierenden, bunten Häuser mit Giebel- und Flachdächern stammen zum Teil aus dem 16. und 17. Jahrhundert und sind mit Klappläden versetzt. Sie vermitteln eine Ahnung davon, wie Bad Reichenhall einst in weiten Teilen ausgesehen haben muss.

In luftigen Höhen: Belétage im Art-déco-Style
Eingang zur Belétage im Bergrestaurant der Predigtstuhlbahn ©Bad Reichenhall Tourismus & Stadtmarketing

Die letzte Laufstrecke dauert zwar gut 20 Minuten, doch es lohnt sich: Denn die historische Predigtstuhlbahn mit ihren zwölfeckigen Pavillon-Kabinen von 1928 ist an sich schon ein Architekturdenkmal und zudem die älteste, im Original erhaltene Bahn ihrer Art auf der Welt. Ziel war es damals, das „deutsche Davos“ zu werden, was in Ansätzen auch gelang. Angelehnt an den Stil des berühmten Berliner Hotel Adlon konstruierte Architekt Wilhelm Kahrs die passenden Gebäude an Berg- und Talstation. Die kurze Epoche der „neuen Sachlichkeit“ gilt als Wegbereiter des Bauhaus und spiegelt sich vor allem im schlicht gehaltenen Bergrestaurant mit seiner großen Aussichtsterrasse wider. Weit aufwändiger wurde – vor allem nach der Renovierung 2014 – die so genannte Belétage gestaltet: Im Souterrain des ehemaligen Hotels lädt das „Evelynes“ mit prachtvoller Bar in edles Art-déco-Ambiente zu privaten Feierlichkeiten, Hochzeiten oder exklusiven Veranstaltungen ein.

Mehr Informationen unter www.bad-reichenhall.de